Die Verfassung Osterreichs.
323
ein, verwaltet ferner die vom Lande geschaffenen Einrichtungen
und Anstalter, wie Schulen, Spitàler, Irrenansstalten, Waisenhauser,
Besserungsanstalten, Lokalbahnen usw.
Die Gemeinden. Den wichtigsten Selbstverwaltungskörper bilden
die Gemeinden, welche aus den Niederlassungen der Bevölkerung
gebildet werden und danach in Stadt- und Dorsgemeinden zersallen.
In einigen Landern (Steiermark, Tirol, Bohmen und Galizien) gibt
es noch ein Mittelglied zwischen den Selbstverwaltungskörpern des
Landes und der Gemeinde, nàmlich die hezirksvertretungen, welche
mehrere Gemeinden zusammenfassen und namentlich auf dem Ge-
biete des Straßenbaues von Wichtigkeit sind.
Das gesamte Staatsgebiet ist mit kleineren Ausnahmen (2. B.
kaiserlichen Besitzungen) in Gemeindebezirke eingeteilt, welche
eine oder mehrere Ortschaften umfassen, doch kann auch eine Ori-
schaft in mehrere Gemeinden zerfallen. Unter den in einem Ge-
meindebezirk wohnenden Personen unterscheidet man drei Gruppen:
1.) die Gemeindeungeliörigen, welche in der betreffenden Gemeinde
heimatberechtigt (zuständig) sind; 2.) die Gemeindegenossen,
welche in der Gemeinde wohnen und Steuer zahlen oder, ohne da-
selbsst zu wohnen, in der Gemeinde Grundeigentum haben oder ein
Gewerbe betreiben, und 3.) die Ortsfremden, welche sich nur vor-
übergehend aufhalten oder zwar in der Gemeinde wohnen, aber
weder heimatberechtigt noch steuerpflichtig sind. Unter den Ge—
meindeangehöôrigen der Stàdte (in einigen Landern auch der Maàrkte)
bilden die Burger, nàmlich jene, welchen das Bürgerrecht ausdrück-
lich verliehen wurde, eine besondere Klasse, welcher im Wahlrecht
und bei Benũtzung von einigen Gemeindeanstalten gewisse Vorteile
eingeräàumt sind. Das Ehrenbürgerrecht ist eine von den Städten
verliehene Auszeichnung.
Zur Vertretung der Gemeinde besteht ein durch direkte Wahl
auf sechs Jahre gewahlter Gemeindedusschusi, dessen Mitglieder-
zahl verschieden ist und sich nach der Einwohnerzahl richtet. Die
Gemeindewahler bilden gewöõnnlich drei, in Heineren Gemeinden
auch zwei Wahlkörper, für deren Trennung hauptsächlich die Steuer-
leistung maßgebend ist. In einigen Gemeinden wurde auch schon,
entsprechend der allgemeinen Kurie für die Landtage, ein vierter
Wahlkörper angegliedert, in welchem alle Gemeindebewohner ohne
Rücksicht auf ihre Steuerleistung wàhlen. Als Exekutivorgan fun—
giert der Gemeindevorsteher (in Stadten Bürgermeisster) und min-
destens zwei Gemeinderâte, welche zusammen den Gemeindevor-
ssstand bilden.