VII. Die deutsche Dichtung. 
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204. Annchen von Tharau. 
— Aus dem preußischen Plattdeutsch. — 
Ölungen von Tharau ist's, die mir gefällt; 
sie ist mein Leben, mein Gut und mein Geld. 
2. Annchen von Tharau hat wieder ihr Lerz 
auf mich gerichtet in Lieb' und in Schmerz; 
3. Annchen von Tharau, mein Reichtum, mein Gut, 
du meine Seele, mein Fleisch und mein Blut! 
4. Käm' alles Wetter gleich auf uns zu schlan, 
wir sind gesinnet, beieinander zu stahn. 
5. Krankheit, Verfolgung, Betrübnis und Pein 
soll unsrer Liebe Verknotigung sein. 
6. Recht als ein Palmenbaum über sich steigt, 
jemehr ihn Lagel und Regen anficht, 
7. So wird die Lieb' in uns mächtig und groß, 
durch Kreuz, durch Leiden, durch allerlei Not. 
8. Würdest du gleich einmal von mir getrennt, 
lebtest da, wo man die Sonne kaum kennt: 
9. Ich will dir folgen durch Wälder, durch Meer, 
durch Eis, durch Eisen, durch feindliches Leer! 
10. Annchen von Tharau, mein Licht, meine Sonn'! — 
mein Leben schließ' ich um deines herum! 
11. Was ich gebiete, wird von dir getan; 
was ich verbiete, das läßt du mir stahn. 
12. Was hat die Liebe doch für ein'n Bestand, 
wo nicht ein Lerz ist, ein Mund, eine Land? 
13. Wo man sich peiniget, zanket und schlägt 
und gleich den Lunden und Katzen beträgt? 
14. Annchen von Tharau, das woll'n wir nicht tun; 
du bist mein Täubchen, mein Schäfchen, mein Luhn. 
15. Was ich begehre, ist lieb dir und gut; 
Ich lass' den Rock dir, du läßt mir den Lut. 
16. Dies ist uns, Annchen, die süßeste Ruh'; 
ein Leib und Seele wird aus Ich und Du. 
17- Dies macht das Leben zum himmlischen Reich; 
durch Zanken wird es der Ldlle gleich. 
Johann Gottfried Lerder nach Simon Dach.