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II. Deutsche Sage und Geschichte.
15. Und als der Beter „Amen!" sprach,
da widerhallt's mit Machten.
Herr Eberhard stieß auf die Tür,
seinen Nachbar zu betrachten.
16. Der trug ein schlichtes Reiterwams
ohn' sonderliches Zeichen.
Cr mochte mit seinem tapfern Blick
einem fahrenden Junker gleichen.
17. Doch wie ihn lud Herr Eberhard,
Zwiesprach mit ihm zu halten,
wohl spürt' er in dem schlichten Mann
eines höheren Geistes Walten.
18. Sie sprachen von Gott und Gottes-
von Menschenwerk und Sünden; swort,
wie wußte das fahrende Iunkerlein
den Geist der Schrift zu künden!
19. Sie sprachen so freudig die ganze
die Knechte schliefen indessen. sNacht;
Herr Eberhard hat sein großes Werk
und selbst das Trinken vergessen.
20. Doch als am Morgen kräht der
er mußte sich wohl besinnen. sHahn,
Er sprach: „Wie habt Ihr mich erlabt!
Nun treibt es mich von hinnen.
21. Dem Doktor Luther, dem Antichrist,
will ich den Weg verlegen.
Doch da Ihr seid ein heiliger Mann,
gebt mir zum Werk den Segen!" -
22. „So Ihr nicht mehr zu schaffen habt,
das könnt Ihr näher finden;
auf den Ihr fahndet, er steht vor Euch,
Ihr mögt ihn greifen und binden."
23. Da stürzten dem Schenk Herrn Eber-
die Tränen über die Wangen: shard
„Euch wollt' ich sahen - barmherz'ger
nun habt Ihr mich gefangen. [(Bott!
24. Nun nehmt mich vollends in Eure
auf immer mit Seel' und Leibe sHafr
und folgt mir auf mein festes Schloß
zu meinem treuen Weibe!
25. Hilf, Himmel, was wird der Erzbischof,
mein hoher Gönner, sagen,
hört er die sächsische Nachtigall
im Odenwalde schlagen!" Paul Heyse.
28. Luther vor Kaiser und Reich.
Der erste Tag.
war am 17. April, einem Mittwoch. Noch vor dem Mittagsmahl, also
noch vor zehn Uhr, kündigte der Neichserbmarschall Ulrich von Pappen¬
heim Luther an, daß er desselben Tages um vier Uhr vor Kaiser und Reich
zu erscheinen habe. Zur festgesetzten Stunde kamen der Neichsherold Kaspar
Sturm und der Reichsmarschall, den Vorgeladenen zur Reichsversammlung
abzuholen. Sie sollte im Bischofshofe, der kaiserlichen Herberge, statt¬
finden. Der nächste Weg vom Johanniterhause, wo Luther wohnte, führte
durch die Kämmereigasse; aber es war unmöglich, ihn zu benutzen. Ganz
Worms war auf den Beinen und wollte den Doktor Luther sehen, wie er
in den Reichstag ging. Wo man vermuten konnte, daß er durchkommen