Full text: [Teil 5 = Kl. 3, 2 u. 1, [Schülerbd.]] (Teil 5 = Kl. 3, 2 u. 1, [Schülerbd.])

1. Bin Cacj im Leben Karls cles Groben. 
Von Oskar Schwebet. 
Deutsche Kaisergeschichten. Bielefeld und Leipzig 1875. 8. 31. 
it dem ersten Strahl der Sonne beginnt der Tag in Karls 
Pfalz zu Aachen. Von der Schloßkapelle herab ertönt ein 
Glöcklein mit sanftem, silbernem Ton, und alsbald treten 
die Edlen und die Diener aus den Pforten der Burg, um 
sich zum Frühgottesdienste zu begeben. Endlich folgt auch 
Karl. Er trägt ein leinenes Hemd, das ihm seine Töchter 
eigenhändig gewebt haben, darüber ein Wams, das durch 
einen leinenen Gürtel zusammengehalten wird, leinene Beinkleider, hohe 
Strümpfe und Schuhe mit weit heraufgehenden, übereinander geflochtenen 
Riemen. Die Farben feiner Kleidung sind dunkel; er ist ein Feind aller 
Kleiderpracht und haßt es besonders, wenn seine Hofleute buntes, weiches 
und ausländisches Gewand tragen. Dann führt er sie wohl auf eine gefahr¬ 
volle und beschwerliche Jagd in den wilden Ardennerwald, damit die köstlichen 
Stoffe vom Regen vollständig verdorben werden. Ist es Winter, so schützt 
der König Brust und Schultern durch ein Otterfell. Um seine hohe Gestalt 
füllt ein nicht allzu langer, weißer oder grüner Mantel herab. Unter 
diesem bemerken wir das breite und wuchtige Schwert, welches an einem 
goldnen Wehrgehänge über der Schulter befestigt ist, und welches Karl nie 
von seiner Seite läßt. Nur an den höchsten Festtagen schmückt er sich gern 
mit der Krone und dem fürstlichen Gewände: dann funkeln prächtige 
Edelsteine an seiner Krone, seinem Schwerte, ja auch an seinen Schuhen. 
Langsam schreitet der König durch den Sänlengang znm Eingang 
der St. Marienkapelle hin; in einiger Entfernung folgt ihm Hildegard, 
sein treues Weib, mit ihren schönen, blondgelockten Söhnen Karl, Pippin 
und Ludwig. Durch die ehernen Türen verschwindet der Zug in der 
Kirche, um bald darauf nach Anhörung der Messe unter den jubelnden 
Tönen der vortrefflichen Sängerchöre, die Karl eingerichtet hat, wieder 
hervorzutreten. Nun geht es an des Tages Arbeit. Schon warten in 
des Königs Zimmer einige Bischöfe, welche wichtige Angelegenheiten der 
Kirche mit ihm zu besprechen haben. Karl begrüßt sie aufs ehrerbietigste; 
dann hört er ihren Vortrag an. Sie erstatten ihm Bericht, wie leider 
das Treiben mancher Geistlichen ein sehr verweltlichtes sei; die Bischöfe
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.