sogenannte Schimmelreiter seinen Umzug. Das ist gewöhnlich ein Banern-
barsche, der sich an der Brnst ein Sieb befestigt hat, an dem vorn ein
Pferdekopf angebracht ist, nnd das dann mit einem weißen Bettnche be¬
hängt wird. So erhält der Barsche das Ansehen eines Reiters ans einem
Schimmel nnd zieht von Hof zn Hof, von Hans zn Hans. Er fragt
die Kinder, ob sie beten können, nnd läßt sie dann ihre Verslein nnd
Liedchen hersagen. Die in dieser Probe gnt bestehen, beschenkt er mit
Äpfeln, Nüssen nnd Pfefferknchen, während er solche, die nichts gelernt
haben, mit einer Rate straft. Dieser Schimmelreiter ist niemand anders
als Wodan, von dem die Vorfahren erzählten, daß er ans einem weißen
Rosse dem Zage der Götter voranreite. Er heißt in den meisten Gegenden
Rnprecht. Dieses Wort ist entstanden ans „Hruodperacht", einem frühern
Beinamen Wodans, der soviel wie „rnhmglänzend" bedeutet.
An andern Orten erscheint der Rnprecht am Weihnachtsheiligabend
in der Gestalt eines alten, in Pelzwerk oder anch in Stroh eingehüllten,
bärtigen Mannes, der an fleißige nnd artige Kinder Äpfel nnd Niisse, an
faule nnd nnartige dagegen Rntenhiebe ansteilt.
Selbst Abbilder des alten Gottes Wodan gibt es noch zn Weihnachten,
nnd gerade diese Bilder mögen die Kinder antet dem Christbanm nicht
gern vermissen. Freilich merkt man ihnen jetzt fast nichts mehr an von
der strahlenden, lichten Schönheit des alten Gottes; es sind nämlich die
Männer nnd Reiter ans Pfefferknchenteig, die jetzt an den Christbanm
gehängt werden. Sie sind nrsprünglich nichts anderes als Abbilder
Wodans gewesen.
Der Christbanm selbst ist eine Erinnerung au die altheidnische Zeit.
Man sachte sich nämlich an dem Sonnenwendfeste die Frenden des
kommenden Frühlings zn vergegenwärtigen, soweit es der noch immer
herrschende Winter gestattete. Das frische, saftige Grün des Frühlings
war es, das man vor allem feierte, nnd so pflanzte man zum Feste der
Wintersonnenwende in Ermangelung andrer grüner Bäume die immer¬
grünen Tannenbänme vor die Häuser, behängte sie mit bunten Bändern
und besteckte sie mit Lichtern.
Als das deutsche Volk zum Christentum bekehrt war, begnügte es
sich bald nicht mehr damit, die Erzählung von der Geburt des Welt¬
heilandes von seinen Predigern vorlesen zu hören, sondern es machte sich
anch daran, diese Erzählung selbst darzustellen. Bald gab es fast keine
Kirche mehr, in der nicht während der Weihnachtsfeiertage eine mehr
oder weniger kostbare Krippe oder Wiege, manchmal sogar mit einem
Bilde des göttlichen Kindes, aufgestellt wurde. Bald fing man an, diesen
Gebrauch in den Wohnhäusern nachzuahmen. Diese in den Familien
aufgestellten Krippen bildeten oft die größte Weihnachtsfrende der jubelnden
Kinderschar, und nicht selten waren sie mit wahrer Pracht ausgestattet.
Aber.auch mit geringem Aufwande war es möglich, eine Darstellung der
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