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Rls der Tag zu grauen begann, brachen wir nach dem Lchlachtfelde
auf, konnten aber erst um Mittag 5t. privat erreichen. Ls stand noch in
Hellen Lammen,' fast alles, auch die Kirche, war ausgebrannt, nur
wenige Däuser waren verschont geblieben. Nach langem hin- und herirren
fand ich eine große 5cheune und mehrere daranstoßende Gebäude, in denen
man die verwundeten unterbringen konnte. Oie 5cheunen waren voll
Geröll,' ich hielt jeden 5oldaten, der noch gesunde Glieder hatte, an, beim
Rusräumen mit behilflich zu sein, und ich habe keinen vergebens um Bei¬
stand gebeten. Ruch das gegenüberliegende Pfarrhaus richteten wir zum
Lazarett ein. Zum Rbladen und Rufstellen unserer Kisten war kein
Plätzchen frei, und wir mußten sie auf den Wagen öffnen, wir hatten nicht
wenig mitgebracht, und doch war e§ so gut wie nichts dem gegenüber, was
wir brauchten. Rußer Verbandzeug, Rrzneimitteln und den nötigsten
Erquickungen enthielten unsere Kisten zum Glück Olivenöl, Laternen und
kleine £üci)ter; hätten wir diese nicht gehabt, so hätten wir mit Tausenden
von verwundeten die Nacht im Ginstern zubringen müssen, denn die Ort¬
schaften waren verlassen, und es war Mangel am Nötigsten. Wir halten
kein Wasser und kein Brot; um nur etwas Sleischextrakt oder Tee zubereiten
zu können, mußten wir jedes Tröpfchen Wasser, das sich in den Zisternen
zusammengezogen hatte, benutzen; stundenweit im Umkreise war kein
Wasser zu finden. Die Zahl der verwundeten war unübersehbar. Eine
grausenhafte Nacht! Brennende Häuser, tote Menschen und Pferde, wo
man ging und stand; fortwährendes Rb- und Durchmarschieren der
Truppen; dazu das Jammern der verwundeten. Die Ltunden der Nacht
brachten die Bilder des Tages mit doppelt grellen Farben wieder vor
die 5eele. welchen Jammer werden manche Nachrichten in viele Familien
bringen! wie mancher brave 5oldat wurde heute der Erde übergeben!
wie freudig schlug sonst meine Brust bei unserer Volkshymne; — heute
haben mir ihre Klänge fast das herz zerrissen, als sie über die Gräber
der Gefallenen hin erschallten und die Sahnen sich darüber neigten. Ich
dankte Gott, als die Nacht vorüber war.
Rm andern Morgen ging jede von uns mit mehr Mut daran, Hilfe
zu bringen. Die verwundeten mußten zuerst erftischt und genährt werden,
wiederum wandte ich mich hierbei an jeden gesunden Loldaten, der mir
unter die Hände kam, und stets wurde meine Bitte erfüllt. Endlich kamen
auch Wagenreihen, um die transportfähigen verwundeten abzuholen. Ich
fühlte Boden unter den Süßen; es war, als wenn Gottes Legen auf allem
ruhte, was wir begannen. Offiziere und Loldaten kamen uns entgegen;
selbst erschöpft, waren sie doch Immer zur Hilfe bereit. Eine Kammer
mit Mehl wurde entdeckt, Lauerteig herbeigeschafft, und nun wurde
geschlachtet, gebacken, gekocht und unsere Tätigkeit bald geregelt wie eine
Maschine; alles griff ineinander und wirkte Hand in Hand."
Kaum hatte die tätige Lamariterin in 5t. privat die größten
Lchwierigkeiten aus dem Wege geräumt, als sie schon andern Tages
nach dem kaum drei Viertelstunden entfernten 5t. Marie berufen wurde^