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Hundert bis hundertundzwanzig Gramm täglich reichen vollkommen für
einen Menschen aus. — Das Fleisch ist arm an Wasser, dafür ist das
Gemüse reich daran, das Gemüse ist arm an Eiweiß, dafür tut das
Fleisch das seinige hinzu, und es stellt sich so eine Gleichmäßigkeit heraus,
die gerade geeignet ist, ein Gemenge zu bilden, wie es das Blut braucht,
das unsern Leib ernährt.
Keine Stunde ist so angenehm wie die Abendstunde nach vollbrachtem
Tagewerk, und das Volk hat recht, wenn es diese den Feierabend nennt;
denn es liegt eine Feierlichkeit und eine Ruhe über sie gebreitet, die der
Seele und dem Leibe wohltut. Auch die leiblichen Genüsse in diesen
Abendstunden, auch die Speisen des Abendbrotes sollen nicht die Feierlich¬
keit stören durch eine Last, die man dem Magen aufbürdet. Das Essen
soll nur ergänzen, was man in den letzten Stunden der Arbeit an Kraft
verloren hat; es soll nicht im voraus gegessen werden, um Kraft zur
nächsten Arbeit zu haben. Denn man hat die Nachtruhe vor sich, die
am ungestörtesten ist, wenn der Magen wenig zu verarbeiten hat.
Es sind deshalb zum Abendessen nur leicht ernährende Speisen zu
wählen, und diese müssen auch, wenn der Schlaf ruhig vonstatten gehen
soll, leicht verdaulich sein und mindestens zwei bis drei Stunden vor dem
Schlafengehen genossen werden. Ein warmes Abendbrot ist für gesunde
Menschen nicht notwendig. Denn das Mittagbrot wird nur darum
warm genossen, damit der Leim und das Fett der Speisen flüssig bleiben;
am Abend aber sind solche Speisen nicht ratsam, und man legt der Haus¬
frau nur eine Last auf, wenn man sie für das Abendessen auch noch an
die Küche fesselt, wo sie sich schon am Tage genügend angestrengt hat.
Wer indessen mit einem Butterbrot und einem Glas Bier oder besser
Milch nicht zufrieden ist, der mag, wenn er es haben kann, etwas Käse
essen; allein man hüte sich, Fettkäse als Speise für den Abend zu be¬
trachten; denn alle Fette sind schwer löslich im Magen; dahingegen sind
alle Sauermilchkäse, wie z. B. unsere Sorten von Knhkäse, nicht nur
leichter verdaulich, sondern sie reizen zugleich, wenn sie Kümmel und Salz
enthalten, den Magen und befördern, wie eine Art Gewürz, die Absonde¬
rung des Magensaftes. Will man jedoch durchaus etwas Nahrhaftes
zum Abend genießen, so versehen weichgesottene Eier diesen Dienst vor¬
trefflich. Der Nahrungsreichtnm der Eier steht dem des Fleisches voll¬
kommen gleich. Unsere Hühnereier vereinigen in sich alle Vorzüge des
Fleisches; ja, das eigentlich Fleischgebende im Fleisch ist das Eiweiß, das
seinen Namen vom Eiweiß der Eier entlehnt hat.
In Gesellschaften und manchen Familien ist es üblich, eine Tasse Tee
zum Abendbrot herumzureichen. Der Tee ist kein Nahrungsmittel, aber er
hat alle Eigenschaften des Kaffees. Er erwärmt das Blut, er erhöht die
Tätigkeit des Herzens, er verhilft zu einer gewissen Munterkeit des
Geistes und belebt daher oft die Unterhaltung und die Gemütlichkeit.