Full text: [Teil 5 = Kl. 3, 2 u. 1, [Schülerbd.]] (Teil 5 = Kl. 3, 2 u. 1, [Schülerbd.])

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„Spare der Worte!" sagte der Schäfer. „Du müßtest gar feine 
Schafe fressen, auch nicht einmal tote, wenn ich dein Feind nicht sein sollte. 
Ein Tier, das mir schon tote Schafe frißt, lernt leicht aus Hunger 
kranke Schafe für tot und gesunde für krank ansehen. Mache auf meine 
Freundschaft also keine Rechnung, und geh!" 
6. 
„Ich muß nun schon mein Liebstes daran wenden, um zu meinem 
Zwecke zu gelangen!" dachte der Wolf und kam zu dem sechsten Schäfer. 
„Schäfer, wie gefällt dir mein Pelz?" fragte der Wolf. 
„Dein Pelz?" sagte der Schäfer; „laß sehen! Er ist schön, die 
Hunde müssen dich nicht oft untergehabt haben." 
„Nun, so höre, Schäfer! Ich bin alt und werde es so lange nicht 
mehr treiben. Füttere mich zu Tode, und ich vermache dir meinen Pelz!" 
„Ei, sieh doch!" sagte der Schäfer. „Kommst du auch hinter die 
Schliche der alten Geizhälse? Nein, nein, dein Pelz würde mich am Ende 
siebenmal mehr kosten, als er wert wäre. Ist es dir aber ein Ernst, mir 
ein Geschenk zu machen, so gib mir ihn gleich jetzt!" Hiermit griff der 
Schäfer nach der Keule, und der Wolf floh. 
7. 
„O, die Unbarmherzigen!" schrie der Wolf und geriet in die äußerste 
Wut. „So will ich auch als ihr Feind sterben, ehe mich der Hunger 
tötet! Denn sie wollen es nicht besser!" 
Er lief, brach in die Wohnungen der Schäfer ein, riß ihre Kinder 
nieder und ward nicht ohne große Mühe von den Schäfern erschlagen. 
Da sprach der weiseste von ihnen: „Wir taten doch wohl unrecht, 
daß wir den alten Räuber auf das Äußerste brachten und ihm alle Mittel 
zur Besserung, so spät und erzwungen sie auch war, benahmen!" 
3. ver fuchs und der frofcb» Von Karl BienenTteim 
Goldene Tage. Kalender für Deutschlands Jugend. Berlin 1906. 8. 96. 
ein alter Fuchs, der schon stumpfe Zähne und schwache Beine hatte 
und deswegen kein Wild mehr erwischen konnte, kam hungrig an 
einen Teich. Da sah er in einiger Entfernung vom Ufer einen fetten 
Frosch auf dem breiten Blatte einer Wasserrose sitzen. Mit dem wollte 
er seinen Hunger stillen. Da er aber den Frosch vom Ufer nicht erreichen 
konnte und auch in das kalte Wasser, seiner kranken Füße wegen, nicht 
hineinspringen wollte, beschloß er, List anzuwenden. 
„Was bist du denn für ein sonderbarer Frosch?" rief er diesem 
zu. — „Ich? Sonderbar? Wie meinst du denn das?" fragte der Frosch 
erstaunt. — „Nun, du hast ja viel zu kurze Hinterfüße, wie ich sie noch
	        
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