Full text: [Teil 4 = 8. u. 9. Schulj, [Schülerbd.]] (Teil 4 = 8. u. 9. Schulj, [Schülerbd.])

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Mõöglichkeit der Konkurrenz mit dem Auslande genommen haben. 
Mit dem Export der deutschen Fabrikate hört aber auch der Verdienst 
des Arbeiters auf; die Fabriken mũbten feiern, weil sie ihre Erzeug- 
nisse nicht mehr absetzen könnten, wodurch die Arbeiter selbst 
am empfindlichsten geschädigt werden würden. 
7. Kaiser Wilhelm J. hatte die grobe Freude, dab — noch nicht 
zwei Jahre nach dem Tage seiner Botschaft — der Reichstag dem 
Krankenversicherungsgesetze zustimmte und ein Jahr später dem 
Unfallversicherungsgesetze. Die Zustimmung des Reichstags zur 
Alters- und Invalidenversicherung hat der greise Herrscher nicht 
mehr erlebt. Zu seinem Schmerze konnte der Reichstag sich Jahre 
hindureh nicht entschlieten, die groben Geldmittel, die das Gesetz er- 
forderte, zu bewilligen. Erst ein Jahr nach seinem Tode, unter seinem 
Enkel Wilhelm II. fand sich eine Mehrheit auch für dieses Gesetz. 
Ströme von Segen sind von diesen Wohlfahrtsgesetzen aus- 
gegangen, und wer an der Alters- und Invalidenversicherung tadelt, 
da die jahrlichen Renten nicht ausreichen zur vollen Versorgung 
des alten oder invaliden Arbeiters, der sollte an die trostlose Lage 
der Arbeiter in den vorhergehenden Jahrzehnten denken. Und 
schlieblich will und soll das Gesetz die Kindesliebe, die für die alten 
Eltern sorgt, nicht ausrotten! Aber es ist doch ein ander Ding, 
wenn die Eltern, die in ihren alten Tagen die Dankbarkeit ihrer 
Kinder in Anspruch nehmen müssen, noch 200 Mark jährliche Rente 
mit in deren Haushalt bringen, als wenn sie mit leeren Händen 
kommen. Und auch den Sparsinn will das Gesetz nicht ertöten! 
Ein tüchtiger Arbeiter kann in guten Zeiten bei sparsamer Wirtschaft 
so viel ersparen, daß das Ersparte, zur Rente addiert, ihm ein aus- 
kömmliches Alter bereiten kann. Ein schönes Zeugnis aber für die 
Tũchtigkeit dieser Gesetze ist es, dab andre Staaten, in denen Dampf— 
kraft und Maschine wie in Deutschland einen zahlreichen Stand von 
Lohnarbeitern schufen, jetzt auch allmählich anfangen, die deutsche 
Wohlfahrtsgesetzgebung nachzuahmen. So ist der erste Kaiser des 
wiedererstandenen Reiches nicht allein ein Wohltäter seines 
Volkes, sondern ein Heilbringer für die Menschheit geworden. 
Seit dem Tage der Kaiserlichen Botschaft ist die Frage der 
Arbeiterfürsorge nicht wieder von der Tagesordnung des Reichstags 
verschwunden. Unser jetzt regierender Kaiser war es, der ihr 
ein neues grobes Gebiet erschlot: die Arbeiterschutzgesetz— 
gebung. Ihm war es nicht genug, für den Arbeiter bei Unfall.
	        
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