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gegen die Deutschen. Diese beunruhigten unaufhörlich die benach¬
barten Grenzen des römischen Gebiete« jenseits des Rheines. Au-
gustus beschloß deshalb, Land und Volk sich zu unterwerfen, und
schickte seinen Stiefsohn Drüsus mit einem großen Heere über
den Rhein. Aber der Kampf mit diesem Volke war kein Spiel für
die Römer. DrusuS unternahm vier Feldzüge in Deutschland, vom
Jahre 12 bis 9 v. Chr., und drang sogar bis an die Elbe vor;
aber seine Züge waren keine Eroberungen. Die Deutschen wichen
in ihre Wälder zurück, brachen dann aber plötzlich auS dem Dickicht
hervor und überfielen in unwegsamen Gegenden die ermüdeten
Feinde. So wurde schnell wieder erobert, was noch so eben war
verloren worden. Sein Bruder TiberiuS suchte mehr durch List
und Ränke, als durch offene Gewalt sich die Deutschen zu unter¬
werfen. Er streuete den Samen der Zwietracht unter ihnen aus
und hetzte einen Fürsten gegen den anderen auf; mehre brachte er
durch äußere Gunstbezeugungen ganz auf seine Seite. Unter seinen
Nachfolgern ging der Consul BäruS hierin am weitesten. Dieser
hatte sogar vor, mit aller Strenge römische Sprache und Gesetze
einzuführen, überhaupt Deutschland zu einer römischen Provinz zu
machen. Da aber wurde er im Teutoburger Walde (in Westfalen
bei Lippe-Detmold) von den erbitterten Deutschen, unter Anführung
des kühnen Hermann (Armimus), eines Fürsten aus dem Cherusker
Volke am Harze, umzingelt und mit seinem ganzen Heere erschla¬
gen (9 n. Chr.). Augustus gerieth bei der Nachricht dieser Nieder¬
lage in die tiefste Trauer. Tiberius ging im folgenden Jahre
zwar über dm Rhein, um diese Schmach zu rächen, jedoch ohne
etwas Bedeutendes auszurichten. Deutschland war und blieb ein
freies Land.
Als Gatte und Vater war Augustus sehr unglücklich. Die bei¬
den hoffnungsvollen Söhne seiner mit Agrlppa vermählten Tochter
Julia starben in der Jugend dahin. Julia selbst bereitete durch
ihren unsittlichen Wandel dem Vater großen Kummer. Auf An¬
stiften der Lima, seiner dritten Gemahlin, ernannte Augustus seinen
Stiefsohn TiberinS zum Mitregenten. Er selbst starb nicht lange
nachher, im Jahre 14 n. Chr., zu Nola und ward nach seinem Tode
als ein Gott verehrt.