Full text: Vom westfälischen Frieden bis zur Befreiung Europa's (Bd. 7)

König Ludwig XV. 27 
Der alte König lebte noch immer, und setzte sein Sün⸗ 
denleben fort. Die Pompadour war todt, aber jetzt saugte 
die Gräfinn Dübarry Frankreich aus, und beherrschte 
den Monarchen so sehr, daß dieser sich sogar unter dem 
Namen la France unter ihre Bedienten aufnehmen ließ, 
und ihr täglich den Kaffee kochte, den er ihr an das Bett 
brachte. Einmal ließ er den Kaffee überkochen, und sie 
fuhr ihn an: „So gib doch Acht, la France! Dein Kaffee 
läuft ja zum Henker!“ Wem fällt hier nicht Sardanapel 
zu Babylon unter seinen Weibern ein! 
Je älter der König wurde, desto öfter und stärker stell— 
ten sich die Gewissensbisse ein, aber er sollte einmal kein 
besseres Leben anfangen, die Dübarry und andere litten 
es nicht, und so überraschte ihn der Tod, da er noch als 
Greis von den Blattern angesteckt wurde. Sein ganzer 
Körper ward mit den ekelhaftesten Beulen überdeckt, Arme 
und Beine verweseten, sein Körper zerfiel noch lebend zum 
Theil schon in Stücke, das Aechzen des Kranken zerriß 
allen das Herz, alle flohen, auch die Dübarry, nur sein 
Beichtvater und seine Töchter hielten bei ihm aus. Er 
sprach von nichts, als von dem Feuerpfuhl, der ihn in der 
Ewigkeit erwarte, horchte lechzend auf die Worte des 
Beichtvaters, der ihn auf Gottes Erbarmen hinwies, und 
ãußerte wiederholt, Gott könne ihm das Böse, welches er 
gestiftet habe, nimmer vergeben. Er glaubte Höllengeister 
um sein Bett zu sehen, und in allen Kirchen mußten Mes— 
sen zur Rettung seiner Seele gelesen werden. Das Gewis— 
sen, noch so lange unterdrückt und überhört, erwacht, wenn 
auch erst an den Pforten der Ewigkeit. Wohl ihm, der 
früher dessen Warnungen hört, oder doch mindestens am 
Rande des Abgrundes den Schritt auf die Bahn der Tu— 
d zurückbewegt! Ludwig verschied den 10. Mai 1775, 
— halb 4 Uhr. Der Hof ging gleich nach Choisy, 
nur einige Bedienten blieben im Schlosse zu Versailles bei 
bder Leiche, die Aerzte mochten den Körper vor Ekel nicht 
balsamiren. Schon am dritten Tage fuhr man ihn nach 
St. Denis; 10 Gardisten und einige Pagen mit Fackeln 
waren die Begleiter. Der Sarg stand in einer Jagdkutsche, 
und ragte aus beiden Thüren hervor. Der Kutscher fuhr 
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