Full text: Vom westfälischen Frieden bis zur Befreiung Europa's (Bd. 7)

Voltaire. 331 
derts, der mehr werth sei, als seine ganze Nation, an dessen 
Beifalle ihm mehr liege, als an dem Beifalle des halben 
Menschengeschlechts; ja er äußert sogar, es gebe nur einen 
Gott und nur einen Voltaire. Schon im Jahre 1736 schrieb 
er ihm: „Sehen Sie künftig meine Handlungen als die 
Früchte Ihrer Lehren an. Durch diese ist mein Herz gerührt 
worden, und ich habe es mir zum unverbrüchlichen Gesetze 
gemacht, sie mein ganzes Leben hindurch zu befolgen.“ Er 
gestand seinem Freunde, daß er leider noch der Titel und 
fürstlichen Einkünfte bedürfe, um die Augen der Menschen 
auf sich zu ziehen, und gern Voltaire sein möchte, der seines 
persönlichen Verdienstes wegen geachtet, bewundert und 
beneidet werde. Als Friedrich 1740 seine Staaten bereisete, 
die Huldigung zu empfangen, sah er Voltaire'n das erstemal 
zu Wesel, und wurde nicht abgestoßen durch dessen Katzen— 
gesicht, sondern nur hingerissen, da derselbe ihm sein Trauer— 
spiel Mahomet vordellamirte. Voltaire kam ihm größer 
vor, als Cicero, Plinius und Agrippa, aber Voltaire schrieb, 
er haben einen kleinen Mann in einem Schlafrock von 
blauem Tuche zu Wesel angetroffen. 
Die Verbindung mit Friedrich dem Großen verhalf dem 
elenden Voltaire in Frankreich zum Eintritt in die Akademie. 
Als die Pompadour ans Ruder kam, und Frankreich eine 
Verbindung mit Preußen suchte, wurde Voltaire, der Freund 
Friedrich des Großen, als Unterhändler gebraucht, und ver— 
weilte zweimal auf 8 Tage bei seinem königlichen Vereh— 
rer. Der Erfolg war, daß Frankreich gegen Maria Theresia 
den Krieg erklärte, und Voltaire, ein alter Bekannter der 
Pompadour, Mitglied der Akademie und Geschichtschreiber 
des Königs von Frankreich obenein ward, zu welchem Behuf 
er ohne Bedenken sein katholisches Glaubenbekenntniß ab— 
legte. Im Jahre 1750 ließ er sich endlich erbitten, bei Frie— 
drich dem Großen in Potsdam seine Wohnung zu nehmen. 
Bei seiner Ankunft ging Friedrich ihm bis an den Wagen 
entgegen, umarmte ihn, und küßte ihm sogar, wie erzählt 
wird, die Hand. Voltaire bekam seine Zimmer unter den 
Zimmern des Königs, erhielt nebst freier Wohnung, Tafel 
und Equipage noch 3000 Thaler Jahrgehalt, den Kammer— 
herrnschlüssel und den Verdienstorden. Zu gewissen Stunden
	        
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