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scheu Reiches verwüstet, als die germanischen Völkerschaften
sich mit den Römern gegen die Hunnen verbündeten und
diese (451) bei Chalons an der Marne (auf den catalauni-
schen Feldern) besiegten. Durch diese großartige Wanderung
der Völker wurden die Römer jedoch so geschwächt, daß
germanische Völkerstämme (476 n. Chr.) der weströmischen
Herrschaft ein Ende machen konnten, nachdem scho» (395)
Kaiser Theodosius das ganze römische Reich in ein west-
und in ein oströmisches getheilt hatte.
So hatten sich die Römer in verhältnißmäßig ganz kurzer
Zeit.durch Abhärtung, Fleiß, Vaterlandsliebe und große
Tugenden zum Herrn der damals bekannten Welt gemacht.
Aber mit ihrer Macht erlangten sie Reichthum, und durch
diesen gewöhnten sie sich an Bequemlichkeit und Ueppigkeit,
welche den Ernst alter Sitten vergessen ließen, so daß an
die Stelle ihrer früheren Tugenden Eigenliebe, Schmeichelei,
Meineid und alle möglichen Laster traten, die ihren Unter¬
gang herbeiführen mußten.
Das Lehenswesen.
Die Völkerwanderung gab Europa, besonders aber
unserm Deutschland, eine ganz neue, politische und geographi¬
sche Gestaltung; denn auf den Trümmern des weströmischen
Reiches erhoben sich mehrere neue Staaten germanischen
Stammes, in welchen durch Verschmelzung der alten römi¬
schen Einrichtungen mit denen der neuen Ankömmlinge auch
neue Verfassungen sich bildeten; so entstand eine ganz andere
Ordnung der Dinge. Die germanische Verfassung bildete
hiebei immer noch die Grundlage. Nach dem damals gelten¬
den Kriegsrechte wurde der Sieger Herr über sämmtliches
Vermögen, ja sogar über das L^ben des Besiegten, welches
Recht aber nicht überall gleichstreng ausgeübt ward. Alles Ei¬
genthum, das die Besiegten abtreten mußten, theilten die Sie¬
ger unter sich, wobei die Fürsten und Anführer, je nachdem
sie mit größerem oder kleinerem Geleite bei der Eroberung
thätig waren, auch einen größeren Antheil bekamen, als die
Freien, welche ohne Geleite mitkämpften. Der Antheil, den
nun Jeder bekam, war freies Eigenthum (Mod), mit dem
er schalten und walten konnte, wie er wollte. Die Fürsten
und Anführer aber, die ihr Geleite behielten, vertheilten einen