Full text: Geschichte von Hessen insbesondere Geschichte des Großherzogthums Hessen und bei Rhein

<M»0 
wurde (1837) zu Friedbcrg gegründet, und die Sonntagsfeier durch eine strenge 
Ordnung gehoben (1841). Das höhere Schulwesen, wie das Volksschnlwesen (1832) 
wurde umgestaltet und verbessert, die Gymnasien mit bessern Mitteln ausgestattet, die 
Höhere Gewerbschule, und ausser den drei Provinzialrealschulen, in allen größeren 
Siädten Realschulen gegründet. Die Universität Gießen, welche 1832 ein Klinikum 
erhielt, wurde durch die besondere Pflege der Naturwissenschaften eine hohe Schule 
für die ganze gebildete Welt *). Taubstummenanstalten entstanden zu Friedbcrg und 
Bensheim, am ersteren Ort seitdem eine Blindenanstalt, die noch auf die Uebergabe 
an den Staat wartet. Durch die Einthcilung des Landes in Kreise (1831 und 1835), 
durch treffliche mit den Ständen vereinbarte Gesetze, wie das Feldstrafgesetzbuch, nament¬ 
lich aber das in allen Theilen des Landes gültige Strafgesetzbuch (1841) wurde 
Gerechtigkeitspflege und Verwaltung gehoben und gefördert. Am landwirthschaftlichen 
Verein (1831) wie am Lanvcsgewerbverein (1837), welche Zeitschriften veröffentlichen, 
fanden Landwirthschaft, Industrie und Handel fördernde Mittelpunkte, deren Lebens- 
thäiigkcit auf den Weltausstellungen zu London und Paris, wie auf der allgemeine» 
deutschen Industrieausstellung zu München**) sich***) glänzend bewährte. Das Strasse»- 
baunetz ward im ganzen Land vollendet; durch das RentenablösungSgesetz (1836) 
an der Entlassung des Grund und Bodens fortgearbeitet, das Grundeigenthum durch 
Anlegung neuer Hypothekenbücher (1830 und 1836) erhöht und gesichert, das Münz- 
wesen innerhalb der Vercinsstaatcn geregelt, der teutsche Zollverein immer mehr er¬ 
weitert; eine neue Acra des Verkehrs durch die Erbauung und Eröffnung der Main- 
Ncckarbab» eröffnet, das Ständehaus gebaut, die Stadtkirche erneuert, der Philipps- 
orden mit der Devise : „Wann Gott mit uns ist, wer ist gegen uns? (8i Leus 
nobiscum 68t, quis contra nos?)" (1. Mai 1840) gestiftet, wie (26. December 
1833) das silberne Kreuz für 25 treue Militärdienstjahre, das goldene Kreuz für 50 
treue Militärtienstjahre (30 Octobcr 1839), die Felddicnstmedaille für treuen Dienst 
im Kriege (14. Juni 1840) und die goldene Verdienstmedaille des Ludewigsordens 
für 50 treue Dicnstjahre. Ludwig II. nahm seinen Sohn den Erbgroßherzog (geboren 
den 9. Juni 1806) einige Monate vor seinem Tode zum Mitregenten an. Ludwig 
verdient mit Recht der „Gütige und Milde" genannt zu werden, denn Arme zu unter¬ 
stütze» und Gerechtigkeit mit gnädiger Hand zu üben war seines Herzens größte Freude. 
Er ruht auf der Rosenböhe bei Darmstadt neben seiner Gemahlin, in der von Letzterer 
im griechischen Style erbauten Kapelle, welche die Aufschrift trägt : „In der Hoffnung 
ewigen Zusammenseins." In span aeterni consortii. 
3. 
Ludwig III., regiert vom 16. Juni 1856. Aus der Zeit der politischen 
Stürme, welche von der Februarrevolution in Frankreich angeregt, wie über das übrige 
Deutschland so auch über das engere Vaterland dahin brausten, ging bei rascher Auf¬ 
fassung der Verhältnisse durch den hochherzigen Sinn und den bestimmten Willen seines 
geliebten Regenten das Großherzogthum ungefährdet zu ruhiger wohlthätiger Entwicklung 
seines Staatslebcns über und wandelt seitdem auf der Bahn des Praktisch Erreich¬ 
baren. — Im Staatsleben und der Gesetzgebung sind wichtige und durchgreifende 
Verbesserungen eingetreten, unter andern durch die Gesetze über Erwerbung des Grund¬ 
eigenthums, über Verjährung der persönlichen Klage und das Polizeistrafgesetz (in 
Kraft getreten am 1. Mai 1856). Seitdem sind die Main-Weser-Bahn und die 
hessische Lubwigsbahn mit ihren electrischen Telegraphen eröffnet, die Aschaffenburger 
und die Mainz-Bingcrbahn in Angriff genommen worden. Das Land ist durch die 
*) Justus Liebig und die Gießener Schule der Chemie. Von Hermann Kopp. S. 334. 
**) Die Industrie-Ausstellung zu München. Von Wieck. S. 617. 
***) Die Industrie in Hessen. Nach Denning er. S. 614.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.