Full text: Lehrbuch der Geographie für die mittleren und oberen Klassen höherer Bildungsanstalten sowie zum Selbststudium

§. 110. Oberflächengcstalt lind Bewässerung des Landes. 
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bauten und seine Gräber. Als der Ural wieder entdeckt wurde, saßen 
an ihm nur ärmliche, rohe Finnenstämme. — Die nördliche Abtheilung 
des Ural, bis jetzt noch wenig bekannt und von Europäern kaum be¬ 
treten, Heist der wüste Ural, denn während-schon der mittlere Ural 
auf seinem Rücke» unwirtlich ist, so ist dieser Abschnitt, mit unzugäng¬ 
lichen Sümpfen und Morästen an seinem Fuße begleitet, und von 
Tannenurwäldern und Torfmooren bedeckt, nur ein Jagd- und Wcide- 
revi-er für die Wogulen und Samojeden, die in ihren Einsamkeiten nur 
dem Namen nach Unterthanen des Czaren sind. Di« Gipfel des Ge¬ 
birges sollen sich noch bis zu 4000 Fuß Höh« erheben. Von der Pct- 
schoraquelle aus erstreckt sich unter dem Namen der Ti manische» 
Berge ein niedriger, nirgends 1000 Fuß überschreitender Höhcnzug als 
Wasserscheide zwischen Pctschora und Dwina nach Nordwcstcn. Das 
Flackland zwischen ihm und dem Ural ist reines Tundrcngebict. 
Das große dem Ural westlich vorgelagerte Tiefland erweist sich bei 
genauerer Betrachtung bei weitem nicht so einförmig, als man früher 
glaubte. Richt bloß, daß das Klinia auf so weiten Landstriche» bedeu¬ 
tende Unterschiede in der Vegetation des Bodens, im llluftreten der Thier- 
welt und dem gemäß auch im Leben der Menschen hervorruft, auch die 
Natur der den Boden zusammensetzenden Gesteine verursacht große Gegen¬ 
sätze. Neben reichen Kornlandschaften, finden wir salzigen Stcppenbodcn 
und sandige Haiden, und wenn der Wechsel zwischen hoch und tief auch 
nicht groß ist, so bilden die Hügel au den Uscrrändern der Flüsse 
doch oft malerische Abhänge. 2»> «iuzeinen wird die Ebene durch die 
beiden großen, schon S. 229 genannten Landrücken gegliedert. Der 
nördlichste derselben, der den Namen des Uralisch-Baltischen führt, 
beginnt am Ural in der Breite zwischen den Pctschoraquellcn und dem 
großen Knie der Kama, ist hier aber so niedrig, daß durch den Katha- 
rinencanal Kama und Wütschegda leicht verbunden werde» konnten. 
Erst weiter westlich, wo er den Namen der Uwalli erhält, tritt er 
als deutlichere Höhe mit breit verrundetem Rücken auf. In 56« ö. L., 
da wo bei Rybinsk die Wolga ihren nördlichsten Punkt erreicht, 
verschwindet der Zug dem Auge gänzlich, um 20 Meilen weiter west¬ 
wärts unter dem Namen der Waldaihvhe wieder zu beginnen. Das 
so gebildete breite Thor ist für 'Rußland von größter Bedeutung, denn 
durch dasselbe ströme» der Wolga nördliche Zuflüsse zu, welche durch 
Canalverbindungen leicht mit dem Onega- und Ladogasee verbun¬ 
den werden konnten. Das ist der große Verkehrsweg, durch welchen 
sich Petersburg mit dem centralen Rußland, den Urallandschaftcn und 
Sibirien in Verbindung setzt. Jenseits dieser Senke erhebt sich die 
Waldai-Höhc, lange Zeit für ein bedeutendes Gebirge angesehen, 
s. S. 47, in Wahrheit aber eine unbedeutende Hügellandschast, deren 
flach verkündete Gipfel (Popawa Gora — 1080') sich nur um 
wenige hundert Fuß über der mittleren Höhe des Landrückens erheben. 
Nun wendet sich der Zug in südwestlicher Richtung, ungefähr den Küsten 
der Ostsee parallel, zur Weichsel, indem er einzelne Arme in die halb- 
insclartig vortretenden Landschaften Livland und Estland und
	        
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