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Alte Geschichte.
das unter den Kriegen verarmte, hart und rücksichtslos.
So entspann sich ein Verfassungsstreit, der fast 200
Jahre lang unter vielen blutigen Auftritten fortdauerte,
und in welchem das Volk langsam ein Recht um das
andere sich erkämpfte. Gleich Anfangs erzwang es sich
die sogenannten Vo l kstribunen oder Volksvertreter,
welche in den Senatsversammlungen darüber wachen
sollten, daß nichts gegen das Interesse des Volks be¬
schlossen werde. Bald fühlte man auch das Bedürfniß
geschriebener Gesetze; und man sandte Gesetzesammler
nach Athen, worauf (452) zehn Männer (Decemviren)
zu unumschränkten Gesetzgebern erwählt wurden. Diese
verfaßten zehn Gesetzestafeln, begannen aber eine ent¬
setzliche Schreckensregierung. Einer derselben, Appius
Claudius, hatte seine Blicke nach der Tochter eines
Römers gewandt, und ließ durch falsche Zeugen beschwö¬
ren, daß dieselbe seine rechtmäßige Sklavin und nicht
Tochter ihres angeblichen Vaters sey. Der Vater, vom
Schmerz überwältigt, näherte sich mit seiner Tochter
Virginia den Fleischerbänken, und stieß ihr ein dort
ergriffenes Messer in's Herz. Das war ein Signal zum
Aufruhr, und das Volk gewann neue Vergünstigungen.
Noch viele Kampfe folgten, bis endlich um das Jahr
340 alle höheren Würden auch dem Volke zugänglich
waren. Der Senat hatte fortan nur Räthe an das
Volk zu geben; und dieses besaß die höchste Machtvoll¬
kommenheit und war die Quelle der Gesetzgebung. Jetzt
herrschte vollkommene Ordnung. Zugleich war unter
den beständigen Kriegen die Kriegskunst der Römer, na¬
mentlich der kunstvolle Bau ihrer Legion (s. v. a. Re¬
giment), vollendet worden. Man sehe, wie stattlich sich
ihr Kriegszug spater im Morgenlande ausnahm, da sie
auch Elephanten benützten. Nun stand ihr eiserner Cha¬
rakter furchtbar da, Volk auf Volk zu unterjochen.