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der Zauberkunst beschuldigten, mit der sie den alten Ludwig
bethört, und zogen in den vatermörderischen Kn'eg (830; 833;
8400 Der Vater wurde zweimal entthront, gemißhandelt,
geschändet. Keine Blutsbande, keine Heiligthümer, keine Eide
wurden geachtet. Das Reich verfiel in furchtbare Verwilde¬
rung. Wer das Schwerd nicht gegen die Söhne zuckte,
schwang es gegen den Vater, der gebrochenen Herzens, 72
Jahr alt, auf einer Rheininsel bei Ingelheim starb (840).
Noch im letzten Augenblicke ließ er die Jäger >hutz! hutz!»
rufen, um den Teufel von seinem Sterbebett zu verscheuchen.
Den Bruderzwist entschied die Schlacht bei Fontenap in Bur¬
gund (841), wo 100,000 Franken und die ganze Blüthe des
alten Adels fiel. Ludwig der Deutsche blieb Sieger durch
die Tapferkeit seiner Bajoaren. Unter folgenreicher Mitwir-
kung der Stände vertrugen sich die Brüder zu Vcrdün und
theilten das Reich (843). Karl der Kahle erhielt Westfran¬
ken (Frankreich), Lothar der Kaiser Lotharingen (alle Rhein¬
lande mit der Schweiz und Italien), Ludwig Ostfranken
(Deutschland, Bajoarien als Hauptsitz).
32.
Wie Bayern unter den Karlingen Hauptsitz des römisch¬
deutschen Reiches wird.
Deutschland war nun ein unabhängiges selbstständiges
Königreich. Lange blieb es die Mutter und Gesetzgeberin
vieler christlicher Völker, besonders der flavischen Reiche, lange
durch das römische Kaiserthum der erste europäische Staat
an Macht und Würde. Es zerfiel damals in fünf Haupt¬
stämme: Franken, Schwaben, Bayern, Thüringen und Sach¬
sen, über welche von den Karlingen Herzoge und Grafen ge¬
setzt wurden, die aber weniger Häupter des Volkes, als
Häupter des Lehnadels waren, wie die Bischöfe Häupter der
Geistlichkeit. Die altgermanische Volksfreiheit war dahin.