Full text: Vom Tode Friedrichs des Großen bis zur Gegenwart (Teil 3)

Quellensätze. 
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Geister, die Wünsche, die Hoffnungen, wenn die Entwürfe, die Arbeiten, die Taten 
der Besten von uns zusammengreifen könnten, wie würden sie das Volk ziehen und 
begeistern und einen unzertrennlichen Knoten deutscher Kraft zusammenflechten! 
Weil wir die schönste, die unwiederbringliche Zeit verträumt und verschlafen 
haben, weil wir auf den großen Punkt unserer Herrlichkeit und Stärke nicht hinwiesen, 
als noch kein Tyrann uns verbot, deutsch zu gedenken und zu reden, so bleibt uus 
jetzt nur die Idee einer geheimen Propaganda für das Vaterland, das stille Ein- 
Verständnis und Zusammenwirken der besseren Herzen und Köpfe, daß innere Zwietracht 
zerstört, daß deutsche Verzweiflung beseelt, daß deutsche Begeisterung geweckt werde, 
damit die Gewalt von außen an uns zerbreche. Alle Kraft, die in Taten und Werken, 
in Worten und Gedanken, alle Gewalt, die in männlichen Grundsätzen und kühnen 
Ideen liegt, wirke zusammen wie in einem heiligen Bunde der besseren und freieren 
Männer, damit das Wort und der Sinn Deutschlands bleibe, damit der Gedanke der 
Einheit des großen Volkes lebendig werde. Dahin strebe das Leben, dahin die Er- 
ziehung, damit unsere Söhne die Freiheit tapfer wiedergewinnen, die wir dumm hin- 
gegeben haben. ... 
Fahre denn hin, Nichtigkeit! und Stärke lebe! Haß beseele, Zorn entflamme, 
Rache bewaffne uns! Laßt uns vergehen für unser Land und unsere Freiheit, auf daß 
unsere Kinder ein freies Land bewohnen! Männer! auf! uud seid gerüstet! Ihr dürfet 
nicht leben als Sklaven. 
6) Ludwig Jahn über die Anfänge des Turnens. In schöner Frühlings¬ 
zeit des Jahres 1810 gingen an den schulfreien Nachmittagen der Mittwochen und 
Sonnabende erst einige Schüler mit mir in Feld und Wald, uud dann immer mehr 
und mehr. Die Zahl wuchs, und es wurden Jugendspiele und einfache Übungen vor- 
genommen. So ging es fort bis zu den Hundstagen, wo eine Unzahl von Knaben 
zusammenkam, die sich aber bald nachher verlief. Doch sonderte sich ein Kern ans, 
der auch im Winter als Stamm zusammenhielt, und mit dem dann im Frühjahr 18 L1 
der erste Turuplatz in der Hasenheide eröffnet wurde. 
Jetzt wurden im Freien, öffentlich und vor jedermanns Augen von Knaben und 
Jünglingen mancherlei Leibesübungen unter dem Namen Turnkunst in Gesellschaft 
getrieben. Damals kamen die Benennungen Turnkunst, turnen, Turner, Turnplatz und 
ähnliche miteinander zugleich auf. 
Das gab nun bald ein gewaltig Gelaufe, Geschwätz und Geschreibe. Selbst 
durch französische Tageblätter mußte die Sache Gassen laufen. Aber auch hierzulande 
hieß es anfangs: „Eine neue Narrheit, die alte Deutschheit wieder aufbringen wollen." 
Dabei blieb es nicht. Vorurteile wie Sand am Meer wurden von Zeit zu Zeit ruchbar. 
Sie haben bekanntlich niemals vernünftigen Grund, mithin wäre es lächerlich gewesen, 
da mit Worten zu widerlegen, wo das Werk deutlich sprach. . . . 
Im Sommer 1812 wurden zugleich mit dem Turnplatz die Turnübungen er- 
weitert. Sie gestalteten sich von Turntag zu Turntag vielfacher und wurden unter 
freudigem Tummeln im jugendlichen Wettstreben auf geselligem Wege gemeinschaftlich 
ausgebildet. Es ist nicht mehr genau auszumitteln, wer dies und wer das zuerst 
entdeckt, erfunden, ersonnen, versucht, erprobt und vorgemacht. Von Anfang an zeugte 
die Turnkunst einen großen Gemeingeist und vaterländischen Sinn, Beharrlichkeit und 
Selbstverleugnung. Alle und jede Erweiterung und Entwicklung galt gleich als Ge- 
meingut. So ist es noch; Kunstneid, das lächerliche Laster der Selbstsucht, des Elends 
und der Verzweiflung, kann keinen Turner behaften. 
7) Aus einem Briefe der Königin Luise an ihren Vater, 1808. Ich 
habe mich ergeben, und in dieser Ergebung bin ich jetzt ruhig. Es wird mir immer 
klarer, daß alles so kommen mußte, wie es gekommen ist. Die göttliche Vorsehung leitet 
unverkennbar neue Weltzustände ein, und es soll eine andere Ordnung der Dinge 
werden, da die alte sich überlebt hat und in sich selbst als abgestorben zusammenstürzt.
	        
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