zweyter Abschnitt. - s§.
V. Tarquinius Prißkus Lukumon (Jahr n. Erb.
Stadt 138 — ,76.) <
Lucius Tarquinius Priskus, dessen ursprünglicher Na¬
me Lukumon war, nahm von der Stadt Tarquinia, wo
er sich zuletzt aufgehalten hatte, den Namen Tarquinius
an. Sein Vater war Demaratus ein korinthischer Kauf¬
mann, der durch den Handel großen -Reichthum er¬
worben, und wegen Unruhen in seinem Baterlande sich
in Italien niedergelassen hatte. Sein Sohn Lukumon,
der einzige Erbe seines Vermögens, ^heirathete eine Frau
vom Stande aus der Stadt Tarquinia, und diese überre¬
dete ihn, weil seine Geburt, sein Stand und Vaterland
ihn bey den Vornehmen dieser Stadt verhaßt machten,
sich nach Rom zu begeben, wo Verdienst allein einen Vor¬
zug gab. Als er sich dem Thore dieser Stadt nahte, sa¬
gen die Geschichtschreiber, flog ein Adler aus der Höhe
herab, entriß ihm den Hut, flog eine Zeitlang mit vielem
Geräusch um den Wagen herum, und setzte ihm endlich
denselben wieder auf. Seine Gemahlin Tanaquil, die,
wie es scheint, sich aus die Wahrsagerkunst verstand, er¬
klärte dieß als eine Vorbedeutung, daß er dereinst die Kro¬
ne tragen würde, und vielleicht war es dieser Umstand, der
ihn zuerst bestimmte, nach der Krone zu streben, denn,
man sah bald, daß er seinen großen Reichthum dazu anwandte,
durch alle seine Handlungen, und besonders durch vielen
Aufwand, die Liebe des Volks zu erwerben. Sein güti¬
ges Betragen, seine häufigen Gastmahle und mannigfalti¬
gen Wohlthaten gewannen ihm leicht die Achtung und
Bewunderung eines ungebildeten Volks, das in den Kün¬
sten versteckter Herrschsucht unerfahren, die Absichten deS
schlauen Griechen nicht durchschaute. ^
Als Ankuö gestorben, und die Regierung, wie ge¬
wöhnlich, wieder auf den Senat zurückgefallen war, be¬
diente sich Tarquinius aller seiner Macht und- List, es da¬
hin zu bringen, daß die minderjährigen Söhne des AnkuS
übergangen, und er an deren Statt zum König erwählt
rvür-