Auswanderungen aus Griechenland. Aeolis.
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8.
Die Colonien der Griechen in Kleinasien, Italien, Sieilien
und andern Ländern.
I. In Kleinasien.
1. Aeolis.
Ungefähr um 1124 v. Chr. ließen sich Aeoler aus der
Peloponnes, vereinigt mit andern Griechen, in Vorderasien
auf einem Theile der Küsten von Mysien und Carien nieder,
und durch sie erhielt das Land ihrer Niederlaffung den Namen
Aeolis. Wahrscheinlich hatten die siegreichen Einfälle der Hera-
kliden in die Peloponnes diese Aeoler zur Auswanderung ver¬
anlaßt; wenigstens wurden sie bei derselben von Mehreren aus
dem Geschlechte Agamemnons, wie von Penthilus, Archelaus
und Grais, angeführt. Eilf der Städte (Kyme, Temnos,
Killa, Pitane, Grynium, Larissa, Neon-Teichos, Aegiroessa,
Aegää, Notion, Myrinäa), welche die Ausgewanderten in
dem neuen Vaterlande theils einnahmen, theils gründeten, hin¬
gen durch gemeinschaftliche Feste unter sich zusammen. Smyrna,
die zwölfte dieser Städte, ward späterhin mit dem jonischen
Bunde vereinigt. Indessen auch in der Landschaft Troas,
wie auf Lesbos, so wie auf den Inseln Tenedos und He-
katonnesi hatten die Aeoler Colonieen gestiftet. Auf Les¬
bos, welches sechs äolische Städte (Mitylene, Pyrrha, Me-
thymna, Arisba, Erissus, Antissa) zählte, ragte vornehmlich
Mitylene, die ausgezeichnetste aller äolischen Städte, hervor.
Hier lebte Pittakus um 600 v. Chr. Er hat den schönen
Ruhm hinterlassen, seine Vaterstadt Mitylene von bürgerlichen
Unruhen befreit, die ihm darauf anvertraute oberste Macht
edel verwaltet, und, welches am meisten Bewunderung ver¬
dient, dieselbe wieder freiwillig niedergelegt zu haben; auch
ward er wegen seiner Weisheit zu den sieben Weisen Grie¬
chenlands gezählt. — Jede dieser äolischen Städte war für
sich, und nur in einzelnen Fällen handelten sie als Glieder ei¬
nes Bundes. Durch die Perser verloren die Städte auf dem
festen Lande ihre Unabhängigkeit; aber die Inseln wurden auch
von der persischen Uebermacht nicht erreicht.