Veränderung in der Politik der Römer. 325
zu noch Mangel an Feldherrn-Tugenden kam, daß bei vielen
und großen Mitteln, welche ihm zu Gebote standen, sein Plan
dennoch mißlang. Den häufigen Gesandtschaften, womit die
Römer, welchen seine Absichten nicht entgingen, ihn belästigten,
verweigerte er zuletzt den Zutritt. Aber Eumenes von Perga-
mum reizte nun die Römer wider ihn auf, und begab sich entweder
selbst nach Rom, oder schickte doch seinen Bruder Attalus da¬
hin, um dem Senate die von Perseus drohende Gefahr vor¬
zustellen.
9. Die Römer halten den Ausbruch des Krieges hin.
Hätte Perseus zur rechten Zeit losgeschlagen, so wäre die
Lage Roms eine äußerst mißliche gewesen. Die römischen Ge¬
sandten Marcius und Attilius wußten aber den König, auf
welchem eine ungesühnte Blutschuld haftete, so zu bethören, daß
er, anstatt zur rechten Zeit loszubrechen, einen Waffenstillstand
einging, der den Römern Zeit ließ, alle Vorkehrungen zu tref¬
fen, den Krieg von Italien abzuleiten und dann selbst die
Offensive zu ergreifen. Als die Gesandten sich im Senate die¬
ses geschickten Hinhaltens rühmten, entstanden daselbst getheilte
Ansichten. Die ältern Senatoren, gewöhnt an die alte Kraft
und Redlichkeit, erklärten, sie könnten in dem Benehmen der
Gesandten die Weise des römischen Volkes nicht erkennen (ve-
teres et moris antiqui memores negabant se in ea lega-
tione Romanas agnoscere artes). Nicht mit Hinterlist und
verstellter Flucht hätten ihre Vorfahren Krieg geführt, sondern
mit wahrer Tapferkeit. Bei Griechen und Puniern sey es ein
größerer Ruhm, den Feind durch List zu täuschen, als mit Ge¬
walt zu überwinden. Aber nur dessen Gemüth sey wahrhaft be¬
siegt, der selbst bekennen müsse, er sey nach Messung aller sei¬
ner Kräfte im gerechten und guten Kampfe besiegt worden.
Der kritische Moment für Rom war angebrochen, als die Wahl
zwischen der alten und schweren Tugend und der übermüthigen
Frivolität der im Glücke Berauschten eintrat. Es siegte bei der
Berathung der Theil des Senats, dem mehr-der eigennützige
Vortheil als die Ehre Roms am Herzen lag (Vicit tarnen ea
pars senatus, cui potior utilis quam honesti cura erat). Schon
hatte in Folge der größer» Reichthümer, der Bekanntschaft mit Grie¬
chenland und demDrient die alte Sitte dem Eindringen einer freien,