2. Die alten Ägypter. 283
«in fruchtbarer Garten Gottes. Wenn in Abessinien der Schnee schmilzt
und im afrikanischen Seengebiet die Regenzeit eintritt, dann schwillt der
Strom an; im Juli tritt er aus seinen Ufern und verwandelt das ganze
Land in einen See, aus welchem die Städte und Dörfer wie Inseln
hervorragen. Freude erfüllt nun die Herzen der Bewohner; sie dürfen
-einer reichen Ernte entgegensehen. Denn die Nilfluten lassen einen
fetten Schlamm zurück. In diesen streut man im Oktober das Korn,
und im März, wenn es bei uns Frühling wird, bringt man dort den
Erntesegen ein. Darauf dörrt die Sonne den Boden, der nur selten
durch Regen befeuchtet wird, furchtbar aus, und alles harrt auf das
abermalige Steigen des segenspendenden Flusses. So ist Ägypten
abwechselnd ein Süßwassersee, ein Fruchtgefilde und ein staubiges Feld.
Bleibt die Überschwemmung aus, oder ist sie zu unbedeutend, so entsteht
Mißwachs und Teuerung. Darum hat ein alter König in Mittel-
Ägypten den Möris-See graben lassen, der in den nassen Jahren das
überflüssige Wasser aufnehmen sollte, damit es in den trockenen zur
Befruchtung der Felder diene. — Man teilt das Land in Ober-,
Mittel- und Unterägypten. In Oberägypten lag das prächtige
Theben, in Mittelägypten das altberühmte Memphis. Unterägypten,
auch Land Gosen genannt, ist vom Nil angeschwemmtes Marschland.
Hier lagen die Städte Sa'is und Pelusium, und später erblühte hier
das weltberühmte Alexandria.
2. Das Volk. Die Könige der Ägypter hießen Pharaonen und
genossen göttliche Ehre. Das Volk schied sich in Kasten, d. i. erbliche
Stände; doch war der Übergang aus einer Kaste in die andere möglich.
Die höchste Kaste bildeten die Priester. Diese waren zugleich die
Gelehrten, Minister, Baumeister, Arzte und Richter. Sie allein ver¬
standen die heilige Bilder- oder Hieroglyphenschrift, mit welcher wir
die altägyptischen Denkmäler bedeckt finden. Diese merkwürdige Schrift
besteht aus Bildern, welche entweder Dinge oder auch Silben und Laute
bezeichnen. Das Bild eines Löwen z. B. bedeutet „Löwe" oder „Mut";
zwei erhobene Arme heißen „jauchzen" oder „erschrecken"; ein Adler
(achern) = a; eine Schlange (set) = s. Mit großer Mühe ist es
endlich den Gelehrten gelungen, diese Schrift zu entziffern. Den zweiten
Rang nahm die Kaste der Krieger ein. Dann kamen die Ackerbauer,
Kaufleute und Handwerker. Lange haben die Ägypter die Welt
mit Papier versorgt; dieses bereiteten sie aus dem Baste der armdicken
Papyrusbinse, welche im unteren Nil wuchs. Am allerverachtetsten war
die Kaste der Hirten. „Was Viehhirten sind," sagt die Schrift, „das
ist den Ägyptern ein Greuel;" deshalb mußte auch das Hirtenvolk der
Juden abgesondert von ihnen im Lande Gosen wohnen. Die Schweine-
Hirten galten für so unrein, daß sie keinen Tempel betreten durften.
3. Bauwerke. Die Bauwerke der Ägypter erregen noch heute
das Staunen der Welt. Dazu gehören die Katakomben. Dieses
sind Grabkammern, welche in die westliche Felswand des Niltals ein-
gehauen sind. Die Katakomben von Theben sind zwei Meilen lang.
Auf die Ausschmückung ihrer Grabkammern verwandten die Ägypter
große Sorgfalt. Die Wände sind mit Hieroglyphen und bildlichen