48
und zu lösen, schwerste Fragen zu erörtern, geschwindeste
Bereitungen und Rüstungen gegen Deutschland und den
Westen hinaus zu machen: denn das wußte man wohl,
Napoleon, welchen man hundertfünfzig Meilen Flucht durch
deutsche Grenzen in einem einsamen Schlitten unbeschädigt
hatte entrinnen lassen, werde daheim nicht schlummern und
schlafen, der gewaltige Löwe w^erde seine Stimme in den
deutschen Wäldern schon wieder ertönen lassen. Stein
träumte, wußte, dachte Tag und Nacht nichts anderes als
Erhebung und Aufstand des ganzen deutschen Volks gegen
den bösesten Feind, alsbaldigstes Bündnis zwischen Kaiser
Alexander und König Friedrich Wilhelm und dann geschwin¬
desten Marsch über Weichsel und Oder zur Elbe und zum
Rhein.
Hier in Königsberg öffnete sich nun der Anfang des
künftigen deutschen Volkskrieges, hier sahen alle deutsche
Hoffnungen auf die Gerüchte von Napoleons Unglück und
Steins Ankunft in Preußens Grenzen, und schon waren aus
Berlin, Dresden und ändern Orten manche wackere deutsche
Männer und Degen mitten durch die französischen Heer¬
haufen hingurchgedrungen, zu schauen und zu erkunden und
den Freunden jenseits im Westen zu berichten und zu er¬
zählen.
In Preußen mußte und wollte Stein mit seiner Begeiste¬
rung die Dinge mit der Blitzgeschwindigkeit seiner Natur
anfassen und treiben und fortstoßen, und zwar in einer un¬
tröstlichen Lage. Alles lag, ging und lief hier ja, wie ich
oben angedeutet habe, gegen- und durcheinander, preußische,
russische Kriegsscharen, weder Freund noch Feind, durch¬
einandergemischt, der Befehlshaber der preußischen Scharen,
General York, als Verräter und Aufrührer von seinem Könige
geächtet — man wußte nicht, ob bloß aus diplomatischem
Schein oder aus Meinung der Tat — das Land selbst durch
die Heereszüge seit dem Frühling des Jahres 1812 \on dem