Full text: [Dritter Theil, [Schülerbd.]] (Dritter Theil, [Schülerbd.])

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auch manchmal ein altes Elsternest. Sie bekommen drei vis sieben 
blinde Junge, die nach vier Wochen schon mit den Alten umber¬ 
klettern können. Im Winter sind sie meist in ihren Nestern ver¬ 
steckt, schlafen aber nicht. Im Herbst legen sie für den Winter einen 
großen Dorrath von Nüssen, Bucheckern u. dergl. an, die sie sorg¬ 
fältig verbergen. In harten Wintern aber reicht dieser Vorrath nicht 
aus, und dann geht es ihnen schlimm; sie müssen frieren und hun¬ 
gern, und man findet viele todt. 
16. Die Stadt Göttingen. 
1. Äöttingen liegt in dem südlichsten Theile unsers Vaterlan¬ 
des, im fruchtbaren Leinethale, westlich und östlich von Bergen um¬ 
geben. Sie hat 11000 Bewohner. Die nächste Umgebung der Stadt 
bilden zahlreiche, Gärten; in weiterer Umgebung liegen schöne Wiesen 
und fruchtbare Äcker. 
2. Schon im 10. Jahrhundert wird des Ortes Erwähnung 
gethan. In der Nähe desselben lag die kaiserliche Burg Grona. 
Im 13. und 14. Jahrhundert sah Göttingen glänzende Tage; da¬ 
mals wohnte auf dem fürstlichen Schlosse zu Göttingen Herzog 
Albrecht, Herr von Göttingen und später auch von Braunschweig. 
Fünfzig Jahr später ward sie abermals fürstliche Residenz; da wohnte 
Herzog Otto der Quade hier, ein ritterlicher Herr, der aber den 
ausblühenden Städten grollte. Göttingen war damals ein Haupt¬ 
platz in dem Handel zwischen dem Norden und Süden Deutschlands 
und dadurch zu Macht und Reichthum herangewachsen; Otto hielt 
auf dem Schlosse Bollruz, das auf dem jetzigen Burgplan lag, seinen 
prächtigen Hof und stellte vielfach Ritterfeste an, zu denen sich viele 
vornehme Herren und Frauen einfanden. Später verlegte er aus 
Unmuth gegen die Bürger seinen Wohnsitz nach Hardegsen, und von 
da an lag er mit Göttingen oft in Fehde, bis ihn das Älter beschlich, 
da Streitlust und Übermuth ausgetobt hatten und Sehnsucht nach 
Ruhe den Müden erfaßte; nun war er versöhnlich und nachgiebig ge¬ 
worden, wie zuvor nie. 
Die Stadtobngkeit bestand damals aus 12 Gliedern. Am 
Mittwoch nach Michaelis war alljährlich Rathswahl. Dann begab 
sich der Rath, nachdem er zuvor in der Iohanniskirche dem Gottes¬ 
dienst beigewohnt hatte, zum Rathhause, ließ es sorgfältig verschlie¬ 
ßen, und nachdem er sich überzeugt hatte, daß niemand die Bera¬ 
thung belausche, gab jeder seine Stimme ab. Dann wurde das 
Rathmannsmahl gehalten, und nachdem der Diener die letzte Schüssel 
aufgetragen hatte, wurde die Vürgerglocke angezogen, der Rath trat 
zur Laube hinaus und verkündigte durch seinen Schreiber der ver¬ 
sammelten Gemeinde die Namen der neuen Rathsherren. Dann ließ 
der Schultheiß diese schwören, dem Landesherrn und der Stadt treu 
dienen zu wollen. 
Die Bürgerschaft hielt auf Zucht und Ehre; niemand, der seine 
Ehre nicht bewahrt hatte, wurde in die Gilde aufgenommen. 
Kurz vor der Reformation, im Jahre 1516, wurde Deutschland 
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