Full text: Lesebuch für die Oberstufe der katholischen Elementarschulen in Elsaß-Lothringen

310 
nicht mehr. Die Beute der Sieger war ungeheuer: 370 Kanonen, 
viele Fahnen und Standarten, 15000 Zelte, das des Grossveziers 
allein 2 Millionen Gulden wert, 600 Säcke Piaster, das Brot 
noch in den Backöfen und 100000 Stücke zusammengeraubtes 
Vieh. Die Türken wurden bis nach Ungarn hinein verfolgt 
und haben seitdem die Lust verloren, Deutschland zu besuchen. 
(Böttiger.) 
34. Friedrich Wilhelm, der große Kurfürst von Brandenburg. 
Er war ein Jüngling von zwanzig Jahren, als er die Regierung 
der preußisch-brandenburgischen Lande antrat. Am 20. November 
1640 hatte sein Vater Georg Wilhelm das Zeitliche gesegnet. Er 
hinterließ seinem jungen Sohne ein schweres Werk. Aber mit Hoff¬ 
nung und Vertrauen blickte sein Volk auf den neuen Kurfürsten. Es 
sehnte sich nach Rettung aus schrecklicher Not. Was waren dazumal 
für Zeiten in Deutschland! Über zwanzig Jahre wütete schon der 
Krieg, welcher nachmals der dreißigjährige genannt worden ist, und 
noch war sein Ende nicht abzusehen. 
Wo vor wenig Jahren noch Dörfer gestanden hatten, sah der 
Wandersmann nichts als Schutt, und das Gras wuchs über den 
Trümmern. Zu Tausenden hatte der Krieg die Menschen hingerafft; 
was das Schwert nicht fraß, das riß Hungersnot und Pest ins Grab. 
Es war freilich überall so in deutschen Landen; vom Rhein bis über 
die Oder, von der Nord- und Ostsee bis tief nach Süden hin, wo 
der Donaustrom stießt, war ein grenzenloses Elend eingekehrt. Denn 
durch das ganze deutsche Land waren die wilden Kriegsscharen gezogen, 
und ihre Spur konnte man verfolgen an den Trümmerhaufen, welche 
sie zurückließen. 
Das war das Erbe, welches der Kurfürst übernahm. Er war 
groß geworden mitten unter dem Kriegslärme. Vor den räuberischen 
Scharen hatten sie ihn in seiner Jugend nach der Festung Küstrin 
flüchten müssen. Später hatte ihn sein Vater nach Holland geschickt, 
damit er auf der Hohen Schule zu Leyden etwas Rechtschaffenes lerne. 
In der Kriegskunst unterwies ihn der berühmte Statthalter Friedrich 
Heinrich von Oranien. Als man ihn bei Hofe in dem Haag zu einem 
schlechten und sündhaften Leben verführen wollte, hat er tapfer wider¬ 
standen, wie's einem christlichen und fürstlichen Jünglinge geziemt, und 
das schöne Wort gesprochen: „Ich bin's meinen Eltern, meiner Ehre
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.