112. Der Fuchs.
109
Die Erde nimmt es in den Schoß und wickelt es im stillen
los; ein zartes Keimlein kommt hervor und hebt sein rötlich
Haupt empor. Es steht und frieret, nackt und klein, und sleht
um Tau und Sonnenschein. Die Sonne schaut von hoher Bahn
der Erde Kindlein freundlich an.
Bald aber nahet Frost und Sturm, und scheu verbirgt sich
Mensch und Wurm, das Körnlein kann ihm nicht entgehn, es
muß im Wind und Wetter stehn. Doch schadet ihm kein Leid
noch Weh; der Himmel deckt mit weißem Schnee der Erde
Kindlein freundlich zu; dann schlummert es in stiller Ruh'.
Bald flieht des Winters trübe Nacht; die Lerche singt; das
Korn erwacht. Der Lenz heißt Bäum' und Wiesen blühn und
schmückt das Thal mit frischem Grün. Voll krauser Ähren,
schlank und schön, muß nun die Halmensaat erstehn, und wie
ein grünes, stilles Meer im Winde wogt sie hin und her.
Dann schaut vom hohen Himmelszelt die Sonne auf das
AÄhrenfeld; die Erde ruht im stillen Glanz, geschmückt mit goldnem
Erntekranz. Die Ernte naht; die Sichel klingt; die Garbe
rauscht. Gen Himmel dringt der Freude lauter Jubelsang, des
Herzens stiller Preis und Dank.
112. Der Fuchs.
Nach Raff.
Ich, Meister Fuchs, bin so groß wie ein mittelmäßiger
Schäferhund. Auch sehe ich diesem Hunde fast ganz ähnlich,
habe rotgelbe Haare — doch gibt es auch graue, weiße und
schwarze Füchse — und habe einen langen, zottigen Schwanz.
Ich wohne in Höhlen unter der Erde, fresse Hühner und
Tauben, Gänse und Enten, und was ich sonst noch von Ge⸗
flügel erwischen kann; auch Hasen und Kaninchen, Eier und
Käse, Milch und Butter lasse ich mir schmecken. Habe ich aber
alle diese guten Bissen nicht, so nehme ich auch mit Ratten
und Mäusen, Schlangen und Eidechsen und Kröten vorlieb.
Ach, und wie gerne fresse ich erst Honig und Weintrauben!
Den Honig raube ich ebensowohl den Bienen, als auch den