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Was sie mit dem Hofer machen wollten, wenn sie ihn hätten? fragte
er. Der Napoleon würde ihn zum General machen, war die Antwort.
„Ah, wenn sie ihn nicht erschießen, wenn sie ihn zum General er¬
heben, wie er es ja verdient, da tut ihm ja ein Gutes, wer ihn angibt.“
Sagte hierauf, er wolle sie führen — und führte die Häscher herauf
ins Hochgebirge zur Prantacherhütte.
So horchte er nun an der Wand. Er muß drinnen den atmenden
Sandwirt gehört haben; denn hastig huscht er zu einem der Häscher
hin und flüstert: „Drinnen sind sie!“ und flieht davon. Da ist es weit-
um voller Franzosen, als wären sie aus dem Schnee gewachsen. Man
sagt, ihrer achthundert wären auf die Alp gezogen, um das edle Wild
zu fangen.
Der Dörninger greift nach seinem Kugelstutzen, da pochen die
Franzosen m't ihren Gewehrkolben schon an die Tür. Im Augenblick
ist’s in der Hütte lebendig; aber die Gegenwehr ist fruchtlos. Mitten
in der Verwirrung bleibt der einzige Hofer ruhig. Sie binden ihm die
Hände auf den Rücken, legen ihm einen Strick um den Hals und
einen zweiten um seine Lenden. Dann schlagen sie ihn ins Gesicht,
raufen Haare aus seinem Bart, zum Andenken, wie sie sagen, an den
Tiroler Bauernhäuptling.
„Im Goltesnamen!“ sagte Hofer, „jetzt haben sie mich.“ Die
Seinen hängen sich ihm an Arm und Füße, „Seid nicht kindisch!“
sagt der Andreas zu ihnen, „sie sind die Stärkeren, da ist nichts zu
machen. Laßt nur, ich komm ja wieder heim, mein Kaiser verlaßt
mich nit.“ Dann führen ihn die Welschen davon. Als sie unten in
der Schlucht an einer alten Holzerhü.te vorbeigehen, hätte man aus
dem finsteren, glaslosen Fenster den rothaarigen Kopf eines Mannes
lauern sehen können. Andreas Hofer, Eis und Schnee in seinem Barte,
schaut weder nach rechts noch nach links, ruhig und aufrecht schreitet
er vorüber. Draußen in der Stadt Meran ist großes Verhör. Hofer
sagt, daß er nach Willen und Befehl seines Kaisers gehandelt und
vom Friedensschluß zuletzt nichts gewußt habe. Was man ihm nun
antun werde, er wolle es geduldig leiden als Buße für seine Sünden;
aber was die Verteidigung seines Heimatlandes angehe, habe er nichts
zu bereuen. Unter dem Weinen und Knirschen der Bevölkerung wird
er fortgeführt. Der Weg ist weit. Ins welsche Land geht die Reise,
auf die Festung Mantua.
3. Kaum drei Wochen später ist’s, da weiß es der Hofer, wieviel es
geschlagen hat. Tag für Tag hat er gewartet auf eine Botschaft von
Wien, und jeden Abend sagt er zu sich: „Heut abermals nichts. Aber
morgen!“ — Und eines Morgens, siehe, da traten zwei Offiziere ein
und verkündeten ihm das Urteil: „Begnadigt zu Pulver und Blei!“