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Durchs dritte Thor hinaus man sieht die schickt der König oft hervor,
in einen schönen Garten, bald friedlich, bald zum Streite.
wo manche Blume dustend blüht, Die Ritter zu der rechten Hand
dem König aufzuwarten. sind tapfrer als die linken.
Ein zweiter Garten ist noch nah, die werden meistens nur gesandt,
wo süße Früchte hangen; wenn jene etwa hinken.
das vierte Thor ist dazu da, Geöffnet sind den ganzen Tag
daß sie ins Schloß gelangen, die Thore all' des Schlosses,
gehn Ritter stehn am fünften Thor, bis abends müd' darnieder lag
je fünf auf jeder Seite, der Herr des Flügelrosses. Mises.
65. Jungfer Margaret.
Das war die träge Margaret, sie tanzten und kosten gern mit ihr,
die wollle die Hand nicht regen; doch nahm sie keiner von allen.
da mußte die alte Mutter allein Das war die verlaßne Margaret,
wischen, waschen und fegen. es kamen und gingen die Jahre,
Vas war die eitle Margaret, vorbei war Putz und Spiel und Tanz,
die putzte sich schon am Morgen; die Mutter lag auf der Bahre.
da mußte die alte Mutter allein Das ist die hungrige Margaret,
Nüche und Keller besorgen. sie mag die Hand nicht rühren;
Das war die schöne Margaret, dort kommt sie mit dem Bettelsack
die thät den Burschen gefallen; und bettelt vor den Thüren.
Julius Sturm.
66. Abendlied.
Der Mond ist aufgegangen, Wir spinnen Luftgespinste
die goldnen Sternlein prangen und suchen viele Künste
am Himmel hell und klar. und kommen weiter von dem Ziel.
Der Wald sleht schwarz und schweiget, Gott, laß dein Heil uns schauen,
und aus den Wiesen steiget auf nichis Verganglich s trauen,
der weiße Nebel wunderbar. nicht Eitelkeit uns freu'n!
Wie ist die Welt so stille Laß uͤns einfältig werden
und in der Dämm'rung Hülle und vor dir hier auf Erden
so traulich und so hold! wie Kinder fromm und fröhlich sein.
als eine stille Kammer, Woll'st endlich sonder Grämen
wo ihr des Tages Jammer dus dieser Welt uns nehmen
verschlafen und vergessen sollt. durch einen sanften Tod!
Seht ihr den Mond dort stehen? — Und wenn du uns genommen,
Er ist nur halb zu sehen laß uns in Himmel kommen,
und ist doch rund und schön. du unser Herr und unser Gott!
So sind wohl manche Sachen, So legt euch denn, ihr Brüder,
die wir getrost belachen. in Golles Namen nieder;
weil unsre Augen sie nicht sehn. kalt ist der Abendhauch.
Wir stolze Menschenkinder Verschon' uns, Gott, mit Strafen
sind eitel arme Sünder und laß uns ruhig schlafen
und wissen gar nicht viel. und unsern kranken Nachbar auch!
Mattbias Claudius.