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denn er liobt den Wein über alles und ist ein so guter Wein-
lenner, dab er überall den besten und sühßesten herauszufinden
Veib. Das Steblen scheint ibhm wirklich angeboren zu sein,
Vöriber man sieh bei denen nicht vundern kann, die das Lächt
der Weli in einem gestohlenen Neste erblickt haben. Die
Schwalbe weib manches Lied davon zu singen. Es ist nämlich
ien len Wicht oft zu langweilig, Zeit und Mühe auf das
Buen cines Nectes 2u verwenden. Kann er sich daber in den
oni cines Schvalbennestes setzen, so thut er dies nicht mebr
als gern, so viel Fleiß und Kunst die Schwalbe aueh darauf
Ferwandt haben mag. Ist er genötigt, selbst ein Nest zu bauen,
hieht man es diegem auch an, mit welcher Unlust er an die
Arbeit gegangen ist, und wie leicht er es sieh gemacht hat.
Strol und Heu, Federn und Haare, Papierschnitzel und Läpp-
chen, was ihm vorkommt, nimmt er zum Baumaterial, und wie
die Alten sungen, so zwitschern die Jungen. Kaum haben sie
as Li veriasgen, so zeigen sie auch schon einen solehen Heib-
hunger, daß sie die Zeit gar nicht abwarten können, bis ibnen
Futter gebracht vird. Voll Ungeduld biegen sie sgieb oft so
Voit zun Nesste beraus, dab sie herabstürzen und sich tot-
fallen vingen lernen sie im Leben nicht, aber Spektakel-
machen desto mehr. „Ireng, dell, dell, schilk, demm, derr!“
go gehbt es oft eine ganze Stunde fort, besonders vor dem
Sehlafengehen. Das ist dann ein entsetzlicher Lärm, ein Ge-
gchrei daurch einander, wie es kein Vogel vollführt. Vom
Wanãern ist der Spatz auch kein Freund, er stirbt am liebsten
da, wo er geboren ist. Aber das Sprichwort: „Bleibe im Lande
uud pahre viel redlich!“ hat er nur zur Hälfte gelernt, und
qm Lebeten balt er sich da auf, vwo das meiste Getreide wächst,
Ind der Boden am fruchtbarsten ist. In verwilderten, ein-
gamen Gegenden findet er sieh nicht; da giebt es niehts für
geinen Schnabel. Nun, macht er es nur nicht gar zu arg, so
uu wan lbin schon ein Körnchen im Halm, eine Beere in der
Fraube und eine Rirsche vom Baume gönnen. vSo viel ist
übrig. Der liebe Gott hat schon dafür gesorgt, daß dem
Spãtælein auch sein Teil noch abfallen kann. Lari Gudo.
72. Polarnacht.
Die Stille des nordischen Winters hat etwas Unheimliches,
die dũstern Scebatten, mit welchen das Leben reizvoll entflieht,
Peladen das Gemũut. Alle Töne der Schöpfung sind erloschen,
qas Flusteru und Rauschen von Quellen und Bächen ist ver-
klungen, die Stimme der Vögel, das dumpfe Brüllen des Mal-
rose, das heisere Gebell des Euchses, dis Brandung der
Wogen verstummt, der Masserfall an der kalten Felswand
erstarrt, das Pflanzenleben, vie auf ewig vernichtet, unter der
Schkneelast verschüttet. Rein milder donnenblick färbt die
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