Full text: [Bd. 3, [Schülerbd.]] (Bd. 3, [Schülerbd.])

258 II- Das Menschenherz in Lust und Leid: Vaterland und Freiheit. 
(d. h. der Kaiserkrone) beraubt" erinnert an die Kaiser aus dem Hohen- 
staufengeschlechte, besonders an Barbarossa und den hingemordeten, unglück¬ 
lichen Konradin. — In Str. 5 belebten sich die Wolken zu riesigen Ge¬ 
stalten eines Geisterchors. Der Dichter erkannte in ihnen „die alten 
Schwabenkaiser" ans „edlem Staufenblut". (Konrad III., Friedrich 
Barbarossa, Heinrich VI., Philipp von Schwaben, Friedrich II., Konrad IV. 
und „Konradin".) Sie waren stark wie die Eichen und tapfer wie die 
Löwen. Nach Str. 7 standen sie hoch und stark da wie zur Zeit, als 
sie die deutsche Kaiserkrone trugen. Voran (Str. 8) schritt der berühmteste 
Hohenstaufe, der alte Barbarossa; er war (Str. 9) angethan mit dem¬ 
selben Mantel, derselben Krone und demselben Schwerte, womit er einst 
als Kaiser Friedrich I. das Reich regiert und mächtig gemacht hatte. 
Aber auch seine Nachfolger sah der Dichter (Str. 10) bis auf den bleichen, 
schönen Knaben Konradin, welcher durch Henkers Hand in Neapel ge¬ 
mordet wurde. Alle (Str. 11) trugen ihre Waffen und Kronen wie bei 
Lebzeiten und zeigten die klaffenden Wunden, die sie im Kampfe für das 
Vaterland empfangen hatten. Dieser „stolze Troß" zog (Str. 12) an der 
Schwabenalp leise, ohne Weg und Steg, durch die Lust und schleifte 
(Str. 13) die langen Mäntel an dem „vielgezahnten Rücken" des Gebirges 
hin, während die Wolkenschuhe die Wipfel der Wälder streiften. Endlich 
(Str. 14) haben sie die letzte Strecke des Gebirges erreicht, da erhebt 
sich „als Hüter an der Ecke" die Burg Hohenzollern. Hier hält 
der Zug (Str. 15), beleuchtet von den letzten Strahlen des Mondes. 
Die Gestalten zerfließen und werden wieder zu Wolken. Ehe aber die 
Verwandlung vor sich geht, scheint's dem Dichter (Str. 16), als ob die 
Hohenstaufen ihre Kronen am Hohenzollern-Berge ablegten und vor ihrem 
Verschwinden noch segnend den Berg umschwebten. 
Hier endet das Gesicht. Der Dichter sieht nun (Str. 17) die 
Wirklichkeit, er steht und lauscht; da wird sein Haar von der kühlen 
Nachtluft gestreift, und er merkt, daß der Neujahrsmorgen angebrochen 
ist. Die Wolken am Horizonte verschwinden, und „allgemach" erkennt 
er die Zollernburg im hellen Tageslichte immer klarer und deutlicher. Er 
sieht (Str. 19), wie die Burg, infolge der Morgenröte, mit dem „Kaiser¬ 
purpur" geschmückt und wie der Gipfel durch die Strahlen der Sonne 
gleichsam gekrönt wird. Der herrliche Glanz (Str. 20) erstreckt sich bald 
über die ganze Alp bis hin nach Westen zum Hohenstaufen. Und oben 
„hoch ob dem deutschen Land" (Str. 21) schwebt ein Adler in stolzem 
Fluge, nämlich der Adler des neuerrichteten Deutschen Reiches unter dem 
siegreichen Hohenzollern Wilhelm. 
Endlich, zum Schluß, hört der Dichter (Str. 22) rings im Lande 
die Neujahrs-Glocken erklingen, die das deutsche Volk auffordern, den 
Segen Gottes auf das neue Reich herabzuflehen. 
HI. Gliederung des Inhalts. 1. Einleitung (Str. 1). Die 
Erscheinung des Nachtgesichts. 
2. Die Schilderung des Nachtgesichts (Str. 2—16). a) Zeit 
und Ort der Erscheinung (Str. 2—4). b) Die Erscheinung selbst hinsichtlich
	        
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