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Schlachttrompete; unruhig schnauben die Pferde und stampfen den Boden
mit wechselnden Hufen. Da erheben sich die großen, langhaarigen, weißen
Hunde, dehnen sich schlaftrunken, gähnen und schauen mit ihren klugen
schwarzen Augen nach den Hirten, die sich teils unter den Herden geschäftig
herumtreiben, teils die einfache Lagerstatt verlassen, die kegelförmige Erd¬
oder Rohrhütte, welche dem Hirten fast nur zur Aufbewahrung der Nah¬
rungsmittel und Kleidung dient und ihn unter Tag bloß beim Platzregen
und Hagelschlag aufnimmt. Hürde um Hürde öffnet sich; grunzend und
unverträglich drängen sich die Schweine heraus; bedächtig schreiten die statt¬
lichen, langgehörnten Rinder hervor, rasch die kleinen, beweglichen Pferde.
Hinter jedem Trupp Pferde reiten ein, zwei Hirten, mehrere aber hinter den
Scharen der Rinder; lässig traben die Hunde nebenher; pfeifend und singend
lausen die munteren Buben der Hirten nach, welche von dem zwölften Jahre
an bei dem Vater bleiben, weit vom Dorfe, und sie blicken stolz auf den
Gänsejungen herab, der gleichgiltig seine zahlreichen Pfleglinge in langsamem
Schritte aus dem fernen Gehöse treibt, während sie vielleicht in diesem
Augenblicke, obschon meist barfuß, sich auf ein Pferd schwingen dürfen.
Die Sonne ist mittlerweile in glutroter Pracht aufgegangen und strahlt
ein Meer von Licht und Wärme aus die baumlose, nahezu wagrechte Ebene
herab. Weder Ortschaften noch Meiereien, weder Waldungen noch Gebüsche,
weder Berge noch Bodenanschwellungen beschränken den endlosen Gesichtskreis.
Nur da und dort taucht vor dem spähenden Auge der lange Arm eines
Ziehbrunnens oder die Turmspitze einer fernen Dorfschast auf. Wiewohl die
Heide im März, von den Fluten der mit der Theiß verbundenen Wässer
größtenteils bedeckt, einem kleinen Meere glich, so blieben nur wenige Lachen
als Zeugen der jährlich wiederkehrenden, teilweise wohlthätigen Über¬
schwemmung zurück. Die wasserarmen Tümpel sind mit Schilf, Riedgras
und Binsen bedeckt und werden von scheuen Wasservögeln besucht, welche in
ihrer Ruhe nur durch nachstellende Raubtiere gestört werden. Der Boden
hat sein herrliches Frühlingskleid bereits abgelegt und eignet sich meilenweit
nicht zum Anbau der Feldsrüchte; denn entweder ist er zu feucht, oder wird
er durch die Sommerhitze zur mürben Krume ausgedorrt, so daß er wegen
der Armut an Pflanzen bloß eine dürftige Tierwelt beherbergt. Der spär¬
liche Graswuchs bietet den Schafen, Rindern und Pferden nur kärgliche
Weide, und auch diese verkümmert, wenn im Hochsommer der bis zur
Wurzel verbrannte Rasen einem gelben, dürren Stoppelfelde gleicht, bis
vielleicht ein zufälliger Herbstregen neue Keime erweckt.
Die Herden haben sich nach allen Seiten über die Ebene zerstreut und
weiden anfangs ruhig und behaglich. Bis zu den entferntesten Weiden hat
der Csikos^ die Pferde getrieben, und die unruhigen, halbwilden Tiere lassen
Tschikosch — Pferdehirt.