Full text: [Teil 4, [Schülerbd.]] (Teil 4, [Schülerbd.])

127 
spielen lässt. Hat er endlich eine oder mehrere Gemsen erspäht, so 
stellt er sich an einen Felsen und wartet mit vieler Geduld, bis die 
Gemse sich von dem Weideplätze zurückzieht, um sie sicherer aufs Koni 
zu nehmen. Sobald er die Hörner unterscheiden kann, schiefst er. Geht 
die Gemse mit vorrückendem Tage höher hinauf, so sucht er unvermerkt 
hoher zu kommen und schneidet ihr den Weg ab. Schwer ist es dem 
Jager, einer ganzen Herde beizukommen; eine einzelne nur ist meistens 
s®,ine Beute. Sie hat ein sehr zähes Leben, und wenn er nicht Kopf 
oder Brust trifft, so hat er gewöhnlich das Nachsehen. Öfter stürzt auch 
.le Bemse in einen Abgrund, so dass sie gänzlich unbrauchbar wird. 
gefährlichsten für den Jäger wird das Verfolgen, wenn die Gemse 
aut uache und steile Felsmassen flüchtet und der Jäger nachsteigt. Hier 
versteigt er sich oft so, dass er weder vor- noch rückwärts kann, und 
oh sein muss, wenn er nach stundenlangem Bemühen sich retten kann. 
kfvf/i ^oh dann öfters Hände und Füsse aufschneiden, um durch das 
boonde gerinnende Blut sich besser anhalten zu können. Hat der Jäger 
noiich eine oder gar zwei Gemsen erlegt, so fängt die Last und Not 
ins afi j enn er uiuss nun mit der schweren Bürde wegsame Gegenden 
7iia.ZUiin^en suchon. Zuerst weidet er die Tiere aus, bindet die vier Füsse 
Tipam™fn Un^ hängt sie quer über die Stirn, so dass der Körper der 
* i re f , dem Rücken des Jägers hängt. So beladen steigt er, an den 
penstock sich lehnend, behutsam hinunter. 
, Eisige Winde, Schneegestöber, dichter, undurchdringlicher Nebel 
na Stürme bereiten dem Gemsenjäger Gefahren, denen er selten auf die 
-auer entgeht. Allein die Leidenschaft ist bei diesen Menschen so stark, 
oals mancher auf der Jagd gestürzte Jäger, kaum geheilt, wieder in die 
Gebirge eilt, um frische Wunden oder den Tod zu holen. 
Der ganze Gewinst beträgt drei bis vier grosse Thaler, welche man 
or eine Gemse zalilt. Das Fleisch von jungen, nicht zu alten Tieren ist 
sehr schmackhaft, und aus dem Leder werden vortreffliche Handschuhe 
^rfertigt. Kaup. 
79. Der Alpenjäger. 
Es donnern die Höhen, es zitiert der Steg, 
Nicht grauet dem Schützen auf schwindligem Weg. 
Er schreitet Verwegen 
Auf Feldern Von Eis; 
Da pranget kein Frühling, 
Da grünet kein Reis; 
Und unter den Füßen ein nebliges Meer, 
Erkennt er die Städte der Menschen nicht mehr; 
Durch den Riß nur der Wolken 
Erblickt er die Welt, 
Tief unter den Wassern 
Das grünende Feld. Schiller. 
8V. Berglied. 
Am Abgrund leitet der schwindlige Steg; er fuhrt zwischen^ e^en 
und Sterben; es sperren Riesen den einsamen Weg und wandle 
Verderben, und willst du die schlafende Löwin nicht wecken, so wandle 
still durch die Strasse der Schrecken. „ , , f,irPhtbaren Tiefe 
Es schwebt eine Brücke, hoch über den Rand furchtbaren me 
gebogen; sie ward nicht erbauet von Menschenhai! 
keiner verwegen: der Strom braust unter ihr spat und truh, speit ö 
hinauf und zertrümmert sie nie. . ,ln q;Ph im 
Es öffnet sich schwarz ein schauriges ^or; du g fcubrt dwü 
Reiche der Schatten; da thut sich ein lachend Gelände hervor 
Herbst und der Frühling sich gatten. Aus des Lebens Muhen una 6 
Qual möcht’ ich fliehen in dieses glückselige Ihai.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.