Full text: [Teil 4, [Schülerbd.]] (Teil 4, [Schülerbd.])

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unwirtlichen Wüsten Syriens und Arabiens die Gefilde Kanaans, und 
nur nach Westen zu senkt sich das Land gastlich und offen dem Meere zu. 
Das Mittelländische Meer ist das einzige, welches den Hebräern 
bekannt war; sie nannten es deshalb schlechthin das „Meer" und 
„meerwärts" bedeutet in ihrer Sprache „nach Westen". An den steilen 
Küsten von Tyrus und Ptolemais brechen sich die Wogen desselben in 
tobender Brandung. Dagegen bildet die südliche Küste jenseits des 
Karmels bis nach Gaza hinab nur einen ebenen, sandigen Landstrich, 
an dem die Wellen sich ruhiger verlausen. Von Überschwemmungen 
des Meeres hat man in Palästina keine Kunde. So bestätigt die 
Beschaffenheit des Meeres die schöne Zuversicht der Weisen und Dichter 
des Alten Bundes, daß Gott die Macht der Meeresgewässer in ihren 
Grenzen erhalten und das bewohnte Land vor ihren Übergriffen schützen 
werde. (Hiob 38, 8—11.) — Bäßler. 
2. Der See Genezareth. 
Dieser freundliche Landsee, welcher auch der galiläische oder 
der See von Tiherias genannt wird, ist drei Meilen lang und bis 
zu anderthalb Meilen breit. Er bildet eine der anmutigsten Land¬ 
schaften des heiligen Landes. Der runde Spiegel seines dunkel¬ 
blauen Gewässers blickt klar und glänzend zwischen den Bergen 
hervor; darum nennt ihn der bildersinnige Morgenländer „das Auge 
der Gegend“. Im Süden, wie im Norden begrenzen ihn fruchtbare 
Ebenen; im Osten und Westen dagegen umschliessen ihn Hügel 
und Berge von schönen Formen, aus ihren steilen, malerischen 
Schluchten treten rasche Bäche hervor und ergiefsen sich in das 
Becken des „Meeres von Galiläa“. Zuweilen bringen jäh aus diesen 
Bergen hervorbrechende Zugwinde und Windwirbel das friedliche 
Gewässer mit der Gewalt des schweizerischen Föhns in wilden 
Aufruhr, der aber gewöhnlich sehr bald zur früheren Stille sich be¬ 
sänftigt. Der Reichtum des galiläischen Sees an trefflichen Fischen 
ist sehr gross, sein Wasser rein, kühl und süss, sein Grund und sein 
Ufer sandig. Klima und Erdreich der umliegenden Landschaft be¬ 
günstigen die Pflege der trefflichsten Südfrüchte, der Datteln, Citronen, 
Pomeranzen, der Trauben und Melonen, wie den Anbau des Ge¬ 
treides und des Indigo, und bei grösserer Betriebsamkeit der Men¬ 
schen würde der tiefe Bergkessel dieses Sees ein natürliches Treib¬ 
haus sein, in welchem die edlen Gewächse Ägyptens und selbst 
Arabiens gedeihen könnten. Dichter Baumwuchs und Buschwerk, mit 
Saatfeldern wechselnd, umkränzt das nordwestliche Ufer; wie „ein 
Morgenrot der Tiefe“ ergiefst sich das rosenfärbige Blütenmeer der 
Oleanderbäume über Hügel und Thal; aus den Gebüschen ertönt 
das Lied der Blaudrossel und der Nachtigall und aus den Felsen¬ 
höhlen von Magdala die Stimme der wilden Taube, die hier in 
Scharen zu hunderten umherfliegt und an den stechapfelförmigen 
Früchten der zahlreichen Nebek- oder Lotusbäume gute Kost hat. 
In diesem gesegneten Seethale drängte sich sonst eine uner¬ 
messliche Volksmenge im rührigsten Verkehre. Blühende Städte und
	        
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