der sich krümmenden Straße ab und kommen querfeldein auf die Stelle
zugeritten, wo er hütet. Das ist ihm zu arg; denn das Feld ist keine
Straße, und das Feld gehört seinem Vater. Er besinnt sich kurz, geht
den Rittern entgegen, stellt sich ihnen in den Weg und ruft ihnen mit
dreister Stimme zu: „Kehrt um, die Straße ist euer, das Feld ist mein!“
Ein hoher Mann, auf dessen Slirn ein majestätischer Ernst thront,
reitet an der Spitze des Zuges und sieht ganz verwundert den Knaben
an, der es wagt, sich ihm in den Weg zu stellen. Er hält sein Roß
an und hat seine Freude an dem mutigen Jungen, der so kühn und
furchtlos seinen Blick erwidert und nicht vom Platze weicht. „Wer bist
du, Knabe?“ — „Ich bin Hermann Billungs ältester Sohn und heiße
auch Hermann, und dies ist meines Vaters Feld; Ihr dürft nicht hin—
überreiten.“ — „Ich will's aber,“ erwiderte der Riller mit drohendem
Ernste, „weiche, oder ich stoße dich nieder!“ Dabei erhob er den Speer.
Der Knabe aber bleibt furchtlos stehen, sieht mit blitzenden Augen zu
dem Ritter hinauf und spricht: „Recht muß Recht bleiben, und Ihr
dürft nicht über das Feld reiten, Ihr reitet denn über mich weg!“
„Was weißt du von Recht, Knabe?“ ,„Mein Valer ist der Billung,“
antwortete der Knabe, „vor einem Billung darf niemand das Recht
verletzen!“
Da ruft der Ritter noch drohender: „Ist das denn Recht, Knabe,
deinem Könige den Gehorsam zu versagen? Ich bin Otto, dein König!“
„Ihr wäret Otto, unser König, von dem mein Vater uns so viel
erzählt? Nein, Ihr seid es nicht! König Otto schützt das Recht, und
Ihr brecht das Recht; das tut König Otto nicht, sagt mein Vater.“
„Führe mich zu deinem Vater, braver Knabe!“ antwortele der König,
und eine ungewöhnliche Milde und Freundlichkeit erglänzten auf seinem
ernsten Angesichte.
„Dort ist meines Vaters Hof, Ihr könnt ihn sehen,“ sagte Her—
mann, „aber die Rinder hier hat mir mein Vater anvertraut, ich darf
sie nicht verlassen, kann Euch also auch nicht führen. Seid Ihr aber
Otto, der König, so lenket ab vom Felde auf die Straße; denn der
König schützt das Recht.“ Und der König Otto der Große gehorchte
der Stimme des Knaben und lenkte sein Roß zurück auf die Straße.
Bald wird Hermann vom Felde geholt. Der König ist bei seinem
Vater eingekehrt und hat gesagt: „Billung, gib mir deinen ältesten
Sohn mit! Ich will ihn bei Hofe erziehen lassen; er wird ein treuer
Mann werden, und ich brauche treue Männer.“ Und welcher gute
Sachse könnte einem Könige wie Otto etwas abschlagen?
So sollte denn der mutige Knabe mit seinem Könige ziehen, und
als Otto ihn fragte: „Hermann, willst du mit mir ziehen?“ da ant—
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