Full text: [Teil 4, [Schülerbd.]] (Teil 4, [Schülerbd.])

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merklich genug. Die Saalthüre war bewacht, indes gingen die Befug¬ 
ten häufig aus und ein. Ich erblickte einen pfälzischen Hausoffizianten, 
den ich anredete, ob er mich nicht mit hereinbringen könne. Er besann 
fich nicht lange, gab mir eines der silbernen Gefäße, die er eben trug, 
welches er um so eher konnte, als ich sauber gekleidet war; und so ge¬ 
langte ich denn in das Heiligtum. Das pfälzische Büffett stand links 
unmittelbar an der Thüre, und mit einigen Schritten befand ich mich 
auf der Erhöhung desselben hinter den Schranken. 
Am andern Ende des Saals unmittelbar an den Fenstern saßen 
auf Thronstufen erhöht unter Baldachinen Kaiser und König in ihren 
Ornaten, Krone und Zepter aber lagen auf goldenen Kissen rückwärts 
in einiger Entfernung. Die drei geistlichen Kurfürsten hatten, ihre Büf¬ 
fette hinter sich, auf einzelnen Estraden Platz genommen: Kur-Mainz den 
Majestäten gegenüber, Kur-Trier zur Rechten und Kur-Köln zur Linken. 
Dieser obere Teil des Saales war würdig und erfreulich anzusehen und 
erregte die Bemerkung, daß die Geistlichkeit sich so lange als möglich 
mit dem Herrscher halten mag. Dagegen ließen die zwar prächtig auf¬ 
geputzten, aber herrenleeren Büffette und Tische der sämmtlichen weltlichen 
Kurfürsten an das Mißverhältniß denken, welches zwischen ihnen und 
dem Reichsoberhaupte durch Jahrhunderte allmählich entstanden war. Die 
Gesandten derselben hatten sich schon entfernt, um in einem Seitenzimmer 
zu speisen, und wenn dadurch der größte Teil des Saales ein gespenster- 
haftes Ansehen bekam, daß so viele unsichtbare Gäste aufs prächtigste 
bedient wurden, so war eine große unbesetzte Tafel in der Mitte noch 
betrübter anzusehen; denn hier standen auch so viele Kouverts leer, weil 
alle die, welche allenfalls ein Recht hatten sich daranzusetzen, anstands¬ 
halber, um an dem größten Ehrentage ihrer Ehre nichts zu vergeben, aus¬ 
blieben, wenn sie sich auch dermalen in der Stadt befanden. 
_ Goethe. 
50. Der Mönch zu Pisa. 
Zu Pisa in dem Klostergarten geht 
Ein finstrer Mönch, wo Blum' an Blume steht. 
Sein Antlitz ist gebleicht von langem Gram, 
Man weiß nicht, wer er war, woher er kam. 
Stumm wandelt er zu jeder Abendzeit 
Hin durch die Gänge mit verschloßnem Leid. 
Jetzt blickt er nach der Tulpe Farbenlicht, 
Nach der Kartäusernelke, zart und schlicht, 
Jetzt nach der Rose, nach der Lilie, rein: 
„Ach, wer wie Blumen könnte schuldlos sein!" 
Nun lauscht er zu der Zweige grünem Kranz, 
Wo Böglein flattern noch im goldnen Glanz. 
Er lauscht, das Haupt gesenkt, dem süßen Klang: 
„Ach, wer noch Tröstung fände im Gesang!" 
Dann aber senkt sein Blick, von Thränen feucht, 
Zur Erde sich, von der er nimmer weicht.
	        
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