Massen zusammenzuhalten. Waͤhrend bisher die Armeen sast nie über 50,000 Mann stark
waren, wuchsen sie jetzt bis zu 100,000 an. Frankreich konnte durch die Einführung der
Conseription über 400,000 Soldaten ins Feld stellen.
4. Auch die geistigen Interessen wurden mit Vorliebe gepflegt. Wie seine medi—
ceische Großmutter und die beiden Cardinäle, zeigte auch Ludwig Vorliebe für die Kunst.
Denn nur von Großem und Würdigem wollte er umgeben sein. Durch seine mannig⸗
fachen und großartigen Bauunternehmungen gewährte er aller Kunstübung willkommene
Beschäftigung; er nahm die Alademie der Malerei und der Bildhauerkunst in den Louvre
auf; die hervorragendsten Vertreter derselben bildeten sich nach der späteren italienischen
Kunst; besonders in der Baukunst ward ein besonderer Stil geltend, den man mit dem
Namen Rococco bezeichnet hat. So gewann Bau-— und Gartenkunst, Malerei und
Bildhauerei nicht allein, auch das Schauspiel, das schon Richelien, und die Oper, die schon
Mazarin begünstigt hatte, durch das Ansehn und die Geldmittel eines mächtigen Fürsten,
einen höheren Schwung. In der Mitte aller künstlerischen Bestrebungen nahm er eine
ähnliche Stellung ein, wie in seinem Staate überhaupt. Seine Macht und sein Ruhm
weckte und begeisterte Künstler und Dichter zu immer größerer Thätigkeit. Alle Talente,
die seinem Zeitalter Glanz verliehen, die sich der Richtung anschlossen, die er in Staat
und Kirche beförderte, nahm er in seinen Schutz. Der Hof sollte das Herz von Frankreich
sein und alles große und glänzende vereinigen
Die Literatur trat in ihr „goldenes“ Zeitalter, in den Dienst des Königs und
seiner Neigungen. Zu keiner Zeit sind Schriftsteller so verschwenderisch belohnt worden,
als unter seiner Regierung; zu keiner Zeit sind sie aber auch so „höfisch“, so knechtisch
gesinnt gewesen. Der Trauerspieldichter Corneille zeigte sich von den Ideen über König⸗
thum und höchste Gewalt, welche durch Richelieu emporgekommen waren, lebhaft ergriffen;
ebenso huldigten der Dichter Racine, der Lustspieldichter Molière, der Fabeldichter
Lafontaine, während sie auf die Muster und Stoffe der altklassischen Literatur zurück⸗
gingen, alle mehr oder weniger dem Ruhme des Königs; Griechen, Römer, Juden und
Türken mussten den Namen hergeben zur Verherrlichung seiner Majestät; in ihm sahen sie
das Ideal eines Mannes und eines Fürsten.
Ludwig nahm die französische Aklademie in seinen persbnlichen Schutz; er räumte
ihr einen Platz im Louvre ein und hob die Häupter und Vertreter der Literatur zu einer
dem Hofadel gleichberechtigten Stellung. Es erscheint menschlich schön, wenn er den Schau⸗
spieler und Lustspieldichter Molière einmal einlud mit ihm zu speisen und die adeligen
Kammerherren den Bürgerlichen bedienen ließ.
Zu allem kamen noch wissenschaftliche Unternehmungen von größerem Umfange, die
mit Beihülfe des Staates gegründet wurden. Aber selbst die Alademie der Inschriften,
die später manche gelehrte Forschung angebahnt hat, war anfangs auf das engste mit dem
Hofe verknüpft. Ursprünglich sollte sie nach Colberts Ideen gelehrte Dienste bei all den
Denkmälern des Ruhmes leisten, die er dem Konige aufzurichten gedachte.
Der König wollte mit all dem, was er in jugendlicher Manneskraft geschaffen, die
Ideen der Völker beeinflussen und die Herrschaft der Welt gewinnen. Und in der That,
wie Frankreich durch seine Heere, so beherrschte geistig französische Sprache, Sitte und
künstlerischer Geschmack das gesamte gebildete Europa.
77. Der Fall Straßburgs (1681).
In dem Grade, in dem die französische Macht stieg, sank die Selbständig
keit und Bedeutung des deutschen Reiches. So groß war Ludwigs Machtstellung,
dass kein einzelner Feind ihm widerstehen konnte und dass zwei große Buͤndniffe
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