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Ocean in schwacher, leiser Strömung von der steilen Westküste Chi-
lt'ö und Peru's, die daher auch nirgends tiefe Einschnitte bietet, bis
sich ihm in den südindischen Inseln die ersten Hindernisse entgegen
stellen. Mit Gewalt stürzt es nun an die östliche Küste Asiens, die
in ihren reichen Busen die Spuren seiner Kraft zeigt, durchström:
die engen und daher so gefährlichen Straßen zwischen Neuholland
und Neuguinea, zwischen Borneo, Celebes und Java, welche Länder
alle unter dem Wasser durch Granitdämme mit einander in Verbin¬
dung stehen und einen starken Wall für Asiens Festland bilden, braust
dann auf Ceylon und Madagaskar zu, wo es schon manches schöne,
reichbeladene Schiff auf Klippen und Sandbänke führte. An Afrika's
Küste theilt sich der Strom. Während der eine Theil das Kap der
guten Hoffnung umfluthet, stürzt der andere auf das rothe Meer
Nicht umsonst führt die Eingangsstraße zu demselben den Namen
„Thränenpforte", nicht umsonst warnt das Kap „Hüte dich" den
Schiffer, der das rothe Meer verlassen will. Gar oft wird er drei-
bis viermal in dasselbe wieder hineingeworfen, ehe es ihm gelingt, daS
durch eine Insel getheilte, hafenlose Thor der Thränen zu durchschiffen.
Während die Fluthen dieses Meeres ganze Wälder von rothen Ko¬
rallen, ganze Sammlungen von schön gezeichneten und verschieden
gestalteten Muscheln bergen, zwischen welchen träge Schildkröten schlei¬
chen und bunte Fische spielen, sieht man nicht selten auf den schäu¬
menden Wellen desselben die Trümmer des Unglücks hin und her
treiben. Wie von Amerika's Westseite, so geht auch von Afrika's
Westseite ein Strom zwischen den Wendekreisen durch das atlantische
Meer, der sich an Amerika's Küste bricht. Er treibt mit einer sol¬
chen Kraft auf die Ostseite der neuen Welt, daß der Felsdamm von
Panama vielleicht doch schon durchbrochen wäre, lägen nicht als Schutz
die großen und kleinen Antillen davor. Dieser Strom, der Aequa-
torialstrom genannt, spaltet sich in einen nördlichen und südlichen,
wenn er sich der amerikanischen Küste genähert hat. Der südliche
bildet die brasilianische Küstenströmung, die sich in einer Entfernung von
200 Meilen vom Lande hält und zuletzt wieder nach der Südspitze
von Afrika herübergerissen wird. Der nördliche, nach dem Golf von
Mexiko der Golfstrom genannt, geht längs der Küste von Florida an
den vereinigten nordamerikanischen Freistaaten vorbei bis zur großen
Neufoundlandsbank, wo sich mit ihm zahlreiche Stockfische und zahl¬
reiche Schiffe zum Fang derselben einfinden. Von Neufoundland aus
wendet er sich nach Osten, der Bewegung der Erde folgend, und
läuft, je nach den Jahreszeiten, bald südlich, bald nördlich von den
Azoren, ja oft selbst an der Küste Englands aus. Von den Azoren
ist die Strömung dann auf Afrika gerichtet, wo sie so an Schnellig¬
keit zunimmt, daß sie ein Schiff in einem Tage 30 Meilen forttreibt,
daher alle diejenigen, welche nach der Südspitze von Aftika segeln^