Full text: Ergänzungsband für Mittelschulen (Teil 4, [Schülerbd.])

306 fαν’νννα]ν Joseph Victor von Scheffel cνννν’ 
— Ô“ 
die narbenbedeckte Brust schmiegte! In fremdartig geformter, spitz zu— 
gehender Stahlkappe kam er geritten; sein breiter, edelsteingeschmückter Gürtel 
und der güldene Knauf des Schwertes zeigten den ehemaligen Heerführer. 
Er hieß die leichte Mannschaft der Bogenschützen und Schleuderer vor— 
ausrücken; sie sollten den Waldsaum besetzen, vom Tannendickicht gegen 
Reiterangriff geschützt. „Zielt nieder!“ sprach er, „wenn ihr auch statt 
des Mannes das Roß trefft, 's ist immer etwas!“ Beim Klang der Wald— 
hörner schwärmte die Schar vorwärts, noch war kein Feind zu sehen. Die 
Männer des Aufgebotes ordnete er in zwei Heersäulen; dicht geschlossen, 
den Speer gefällt und langsam rückten sie vor, von der vordern Säule zur 
zweiten ein Abstand weniger Schritte. Der von Randegg und der dürre 
Fridinger führten sie. Die Mönche hieß er zu einem Haufen zusammen⸗ 
seten und stellte sie in die Rückhut. „Warum das?“ fragte der Abt 
Wazmann; er kränkte sich, daß ihnen nicht die Ehre des vordersten An— 
griffes zugeteilt ward. Da lächelte der Kriegserfahrene. „Das sind meine 
Triarier,“ sprach er, „nicht weil altgediente Soldaten, wohl aber, weil sie 
um Rückkehr ins warme Nest streiten. Von Haus und Hof und Bett ver— 
jagt sein, macht die Hiebe am schwersten und die Stiche am tiefsten. Habt 
keine Sorge, die Wucht des Streites kommt noch früh genug an die Mann— 
schaft des heiligen Benedictus!“ 
Die Hunnen hatten bei Tagesgrauen das Reichenauer Kloster geräumt. 
Die Vorräte waren aufgezehrt, der Wein getrunken, die Kirche geplündert: 
ihr Tagewerk war getan. Ihr Ritt ging durch den dunkeln Tannenwald 
dem Hohentwiel entgegen. Aber wie sie so sorglos dahintrabten, prallte 
da und dort ein Roß auf; Pfeile und Schleuderkugeln, von unsichtbaren 
Schützen geschossen, fuhren in den Schwarm. Der Vortrab wollte stutzig 
werden. „Was kümmert euch der Mückenstich?“ rief Ellak und spornte sein 
Roß, „vorwärts, die Ebene ist das Feld der Reiterschlacht!“ Ein Dutzend 
seiner Leute hieß er mit dem Troß zurückbleiben zum Geplänkel mit denen 
im Walde. Die Erde dröhnte vom Husschlag der vorwärts sausenden 
Horde; im Blachfeld breitete sich der Schwarm und sprengte mit Geheul 
auf den anrückenden Heerbann. Weit voraus ritt Ellak mit dem hunnischen 
Bannerträger; der schwenkte die grün-rote Fahne über ihm; er aber hob 
sich hoch im Sattel und tat einen wilden Schrei und schoß den ersten 
Pfeilschuß ab, auf daß der Kampf nach altem Brauch eröfnet sei. Es 
begann das Morden der Feldschlacht. Aber wenig frommte es den schwäbischen 
Kriegern, daß sie unerschüttert standhielten, ein starrender Lanzenwald: war 
der Reiter Angriff abgeprallt, so kam aus der Ferne ein Pfeilregen geschwirrt; 
halb aufgerichtet im Bügel standen die Hunnen trotz Rossestrab; den Zaum 
Wer des Gauls Nacken geworfen, zielten sie: der Schuß traf. Andere 
schwärmten von der Seite ein, — weh dem Gefallenen, den seine Brüder 
nicht in die Mitte nahmen! Da gedachten die Leichtbewaffneten vom Walde, 
den Hunnen in den Rücken zu brechen. Hörnerruf rief sie zur Sammlung, 
sie rückten vor, — aber mit eines Gedankens Schnelle waren die feind— 
lichen Rosse gewendet, Pfeilregen prasselte in die Anrückenden; sie stutzten. 
Wenige schritten weiter, auch sie wurden geworfen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.