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2. Endlich wird das n en schwächer, und der Wind
läßt müde seine Flügel sinken. Alles ist weiß. Der Fuß knirscht
im Schnee, an den Bäumen hängen lange Eiszacken. Der Rand
des Sees fängt an zu gefrieren, doch die große Wassermasse liegt
noch frei und schlägt zornig dunkle Wellen. Endlich aber nach
einer bitterkalten Nacht ist der See in Fesseln gelegt; die Winter⸗
geister haben ihr Werk vollendet.
3. Mit jedem Tage werden die Bande fester. Das Eis bildet
eine einzige/ blendende Stahldecke. Bald belebt sich diese, und
munter tummelt's sich darauf herum. Auf Schlittschuhen schweben
die Scharen der Städter dahin, während der Dorfbube mit
klappernden Holzpantoffeln dahingleitet. Schlitten fliegen auf und
ab, ein Lastwagen rollt knirschend über die glatte Bahn, und der
alte Fischer haut Löcher in den Spiegel, den hungrigen Hecht zu
berücken. Das gläserne Dach ist so durchsichtig, das Wasser so/hell,
daß man die stumme Brut drunten klar erblickt. Aber die meisten
Fische bergen sich jetzt in dem Geschlinge der Wasserpflanzen, die
in dichtem Walde den Grund bedecken und in ihrem saftfrischen
Grün wie ein versunkener Frühling heraufblicken.
4. Immer grimmiger wird die Kälte. Der Nachtfrost zerreißt
das Eis, daß es weithin kracht. Nach allen Richtungen hin birst
die starre Decke. Aber endlich tritt Südwind ein; / erweichend
durchströmt sein Hauch das Eis, daß es sich löst, und nun wird
— Block um Block — die Zauberfeste zertrümmert. Nebel wogen
auf der Fläche, aber durch die Lüfte fliegt der Sturm. Wie
schwarze Ungetüme jagen die Wolken vorüber; der Wald beugt
heulend seine Wipfel. In das Brausen und Heulen des Sturmes
mischt sich das unaufhörliche Platzen und Bersten, das Krachen
und Dröhnen des Eises.
5. Endlich — nach Wochen — zerfällt der von den Sonnen⸗
strahlen/ mürbe gemachte Spiegel. In wenigen Tagen liegt der
See und am Himmel ziehen weiße Lämmerwolken herauf,
die muntern Vorboten des Frühlings. Nur hier und da blickt
noch am Strande ein Eisblock trotzig in die Sonne, bis auch er
unter ihren Strahlen zusammenschmilzt und in den Schoß des
Wassers zurückkehrt. —