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Das war das letzte Mal, daß ich Lena Wies gesehen habe. Noch
einige schwerste Leidenswochen folgten; dann hat auch sie das trauliche
häuschen mit dem engen Kirchhofsgrab vertauscht, in dem sie jetzt bei
ihren Eltern ruht.
— — mMitunter an stillen Sommervormittagen besuche ich die alten
SFreunde meiner Jugend und lese die Inschrift auf ihrem Grabkreuze.
fuch hier singen dann die Grillen; aber es sind nicht die heimchen des
häuslichen Herdes, und Geschichten werden bei ihrem Gesange nicht erzählt.
Theodor Storm.
Aus dem Roman: Die Chronik der Sperlingsgasse.
„Also es war anno sechs, als der Franzos im Lande rumorte und
drunten schrecklich hausen sollte; denn er hatte einen großen Sieg erfochten
und glaubte, das Recht dazu zu haben. Die Leute fürchteten sich alle
sehr, gruben ihre Löffel weg und näheten ihren Kindern jedem ein
Goldstück in den Rocksaum auf den Fall, daß sie abhanden kämen oder
mitgenommen würden. Aber mein Seliger lat gar nicht, als ob ihn
das was anginge. „Wenn sie kommen, sind sie da“, sagte er, und
dabei blieb er, und wenn die Nachbarn kamen und klagten und jammerten,
sagte er nur: „Einmal wir, einmal sie!“ Und wenn sie ihm die Ohren
zu voll schrien, zog er eine weiße Zipfelmütze, die er zu meiner Ver—
wunderung seit kurzer Zeit immer in der Tasche führte, darüber und
tat, als ob er einschliefe. Es war immer ein sonderlicher Mann, Annchen,
dein Vater.
Gut. Eines Morgens erhub sich ein Lärm: „Sie sind da!“ hHeiliger
Gott, mir fuhr's ordentlich in die Knie; meine Jungen, Gott hab' sie
selig, in allen Gassen, Gott weiß wo, und nur mein Annchen hatt' ich
in der Wiege; mein Alter hatte mal wieder die Zipfelmütze hervorgekriegt
und übergezogen und sägete im hofe.
„Gottfried, Gottfried!“ schreie ich, „sie sind dal sie sind dal“ Er
tat, als ob er's nicht hörte, obgleich ich dichte bei ihm stand. In meiner
Angst und auch vor ärger riß ich ihm die dumme Mütze ab, warf sie
auf die Erde und schrie wieder: „Und die Jungen sind auf der Straße
— heiliger Vater! — und unsere Löffel — Mann! — Mannl“
Er hob ganz ruhig seine Mütze auf, klopfte die Sägespäne an mir
ab, setzte sie ruhig wieder auf und sagte: „Ja, — wenn's so ist, werden
sie wohl durchs Wassertor kommen, da her geht der Weg von Jena“.
Ich glaube, so hieß es. Dann sägl' er weiter.
Richtig, da trommelte es schon die lange Straße vom Wassertor her
herunter; mir zitterte das herz immer mehr.
„Meister Karsten! Meister Karsten! Schnell, schnell!“ schrien
plötzlich mehrere Nachbarn, die in den hof stürzten im besten Sonntags—
staat. „Ihr sollt kommen, Ihr sollt mit zur Depentatschon an den
französischen General!“