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das ist bestimmt der beste Platz auf Erden,“ flüssterte eine dritte.
Und da sagten sie alle, dab niemand glücklicher als sie sein könne.
Da hörte man plötzlich ein paar laute Kinderstimmen, und
im nächsten Mugenblick sprangen zwei zerlumpte Mädchen auf den
Platz, wo die Blumen standen.
„Nein, sieh doch die schönen Schlüsselblumen!“
„Das sind die ersten in diesem Jahre!“
„Ach, wie herrlich, daß wir sie gefunden hbaben!“
„Wir werden sie pflücken und einen Strauß aus ihnen machen.“
„Und dann gehen vwir in die Stadt und verkaufen sie!“
Die Schlüsselblumen zitterten, als sie ihr Urteil hörten, und sie
waren dem Meinen nahe, als sie füblten, wie die Kinder ihre Stengel
abbrachen und sie von dem sonnigen Ufer des Teiches forttrugen.
Als die Kinder heimkamen, setzten sie die Blumen in einer
zerschlagenen Flasche ins Wasser, und da blieben sie über Nacht
stehen. Das war ganz etwas anderes als draußen in Gottes herr-
licher Natur. Die Hütte war finster und niedrig, und im Bette lag
die kranke Mutter der Kinder und stöhnte.
„MNir haben Schlüsselblumen gefunden, Mutter!“ jubelten die
Kinder. Die Kranke streckte ibre Hand aus, um die RKleinen zu
liebkosen. „Morgen früh gehen wir zur Stadt und verkaufen die
Blumen, und dann kaufen wir für das Geld etwas Gutes, damit du
wieder gesund wirst.“ Vin mildes Lächeln schlich sich über die
Lippen der Mutter, und ihre Augen strahblten, als sie dieselben auf
die Kleinen richtete, welche an ihrem Bette standen.
Da wurde den Schlüsselblumen plötzlich so wunderbar zu
Mute, und die Stube kam ihnen gar nicht mehr so niedrig vor.
Nein — dort war es vweit lichter als draußen am Rande des
Teiches. Die Stimmen der Kinder klangen viel schöner als der Ge-
sang der Drossel im VWalde, und der Blick aus dem Auge der
Mutter war viel värmer als die Strahlen der Sonne. Die soeben
noch traurigen Blumen waren jetzt frobh darüber, daß die Kinder
gie mitgenommen hatten, und vor lauter Glückseligkeit schliefen sie
die ganze Nacht nicht ein.
Am solgenden Morgen wurden die Schlüsselblumen zu einem
Sträuhehen zusammengebunden. Die kleinen Mädchen trugen sie in
die grohe Stadt, wo alles grau und weiß war, und wo keine ein-
zige Blume sich der Sonne zu erfreuen schien.
Die Kinder stellten sich auf dem Markte auf, und da äkam
eine feine Dame und sah die Schlüsselblumen. „Schon Schlüssel-
blumen?“ rief gsie und beugte sieh hinab, um an ihnen zu riechen,
und da begannen sie gar herrlich zu duften; „denn“, dachten sie,
„wenn vir der feinen Dame gefallen, dann bekommen die Kleinen
mehr Geld für uns.“ Die feine Dame nahm die Schlüsselblumen