§ U7. Klima, Pflanzen- und Tierwelt Deutschlands.
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deutschland zerfiel allmählich in zahlreiche kleine und kleinste Territorien. Dagegen
beförderte in Norddeutschland die große Einheitlichkeit des Landes die Bildung
größerer Staatswesen. Auf dem Boden Norddeutschlands erwuchs der Preußische
Staat, von dem die neue Gestaltung Deutschlands ausging. Allmählich trat aber
auch der eine große Vorzug Norddeutschlands vor dem Süden hervor, die Nähe
des Meeres. Schon in der zweiten Hälfte des Mittelalters erwuchs durch den See¬
handel auf der Ostsee der mächtige Städtebund der Hansa. Nach der Entdeckung
Amerikas aber entwickelten sich an der Nordseeküste bedeutende Handelsstädte, zuerst
in den Niederlanden, dann auch im eigentlichen Deutschland. Endlich aber ist für die
Entwickelung Norddeutschlands ein Umstand von der größten Bedeutung geworden,
daß nämlich die reichsten Mineralschätze Deutschlands und namentlich die bedeutend¬
sten Kohlenlager gerade an dem Rande der Mittelgebirge sich finden und daher
bei den leichteren Verbindungen im Tieflande diesem in höherem Grade zu gute
kommen als dem Gebirgslande. Durch alle diese Umstände hat sich allmählich der
Schwerpunkt Deutschlands vom Süden nach dem Norden verlegt.
8 117. Klima, Pflanzen- und Tierwelt Deutschlands.
Das nordwestliche Deutschland, einschließlich Belgiens und der
Niederlande, gehört der Atlantischen Klimaprovinz an. Milde Winter,
mäßig heiße Sommer, großer Feuchtigkeitsgehalt der Luft und daher
reichliche Niederschläge charakterisieren dieses Gebiet. Die mittlere
Januartemperatur beträgt 00; im Frühjahr steigen die Temperaturen
langsam, um int Juli ihr mittleres Maximum von 170 zu erreichen.
Die mittlere Jahreswärme beträgt 9—10°. Die häufigsten Nieder¬
schläge fallen in den Herbstmonaten. Vorherrschend sind NW.= und W.=
Winde, welche im Winterhalbjahr oft mit großer Heftigkeit auftreten
und die Schiffahrt auf der Nordsee in dieser Jahreszeit gefährlich
machen.
Das ganze übrige Gebiet stellt eine Ubergangszone zwischen dem
Seeklima West- und dem mehr kontinentalen Ost-Europas dar. Der
Gegensatz zwischen Sommer und Winter ist schon schärfer ausgeprägt
als in ersterem, doch nicht so extrem wie in letzterem. Als Beispiel
seien die Mitteltemperaturen der Oberrheinischen Tiefebene und der
Preußischen Seeenplatte, den beiden Gegenden, welche die größten
klimatischen Gegensätze in Deutschland darstellen, angeführt:
Januar Juli Jahr
Oberrheinische Tiefebene . . . 0° 20° 10,5°
Preußische Seeenplatte . . —5° 18° 7,5°
Die^ Niederschlagsmengen sind meist noch ziemlich erhebliche. Die
häufigsten Niederschläge fallen im Sommer, während die Herbstmonate,
im Gegensatz gegeil Nordwestdeutschland, kneift klar sind.
Im übrigen bringen die Gebirge zahlreiche örtliche Verschiedenheiten hervor.
Dieselben dienen als Kondensatoren der Feuchtigkeit und haben daher die bedeutendsten
Niederschläge, namentlich auf der Seite, welche der vorherrschenden Windrichtung
zugewandt ist. Auf der der Windrichtung entgegengesetzten Seite bilden sich da¬
gegen oft ausgesprochene Trockenzonen.
Deutschland und die Nachbarläitder gehören dem europäischen
Wald gebiet an. Durch menschliche Thätigkeit ist jetzt der größere
Teil des Landes entwaldet uild bem Acker- und Wiesenbau gewonnen.
Doch ist man dabei nicht so weit gegangen, wie vielfach in Süd-Europa