2. Freiheitliche Bewegungen in Deutschland.
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Großherzog Karl August von Weimar war der erste, der seinem
Lande eine ständische Verfassung gab (1816). Auch Nassau, Bayern und
Baden, Württemberg und Hessen-Darmstadt verliehen den Bewohnern
ihrer Länder mehr oder weniger Anteil an der Regierung durch land¬
ständische Verfassungen.
Die beiden Großstaaten Österreich und Preußen folgten zunächst
dem Beispiele der Kleinstaaten nicht.
Für Preußen hatte Friedrich Wilhelm III. vor Wiederbeginn des
Kampfes mit Napoleon von Wien aus am 22. Mai 1815 ein Patent1)
erlassen, in dem er versprach, der preußischen Nation als Pfand feines
Vertrauens in schriftlicher Urkunde eine Verfassung zu geben _ In allen
Provinzen sollten Provinzialstände eingerichtet werden; diese sollten aus
ihrer Mitte eine Landesvertretung nach Berlin entsenden. Zum ersten¬
mal sollte ein Ausschuß am 1. September 1815 unter dem Vorsitze des
Staatskanzlers Hardenberg in Berlin zusammentreten. Als der Tag der
Eröffnung herankam, konnte der Ausschuß nicht zusammentreten, weil der
zweite Pariser Friede noch nicht geschlossen war. Auch noch andre Hinder¬
nisse stellten sich in den Weg. Eine reformfeindliche Partei trat der
guten Absicht des Königs entgegen. Aber Friedrich Wilhelm war ein
zu gewissenhafter Fürst, um ein gegebenes Königswort nicht einzulösen.
Als im Jahre 1817 der Staatsrat unter Hardenbergs Vorsitz eröffnet
wurde, setzte der König auch einen Ausschuß zur Beratung der Ver¬
fassungsfrage ein. Die ungestüme Hast der Reformpartei hemmte die
ruhige Entwicklung. Gleichwohl gab die preußische Regierung noch in
demselben Jahre beim Bundestage die Erklärung ab, die Provinzialstände
würden bald ins Leben treten, und eine Verfassung werde folgen. Als
aber daraufhin besonders die Rheinländer ihren Erwartungen auf die
Verfassung einen allzu lebhaften Ausdruck gaben, erließ der König 1818
eine Kabinettsorder, in der er sich vorbehielt, den geeigneten Zeitpunkt
für die Verleihung einer Verfassung selbst zu bestimmen.
So kam es, daß erst in den Jahren 1823 und 1824 die Provinzial¬
verfassungen für die einzelnen Provinzen bekannt gemacht wurden. Hier¬
nach wählten die adligen, städtischen und bäuerlichen Grundbesitzer ihre
Vertreter, die alle drei Jahre auf dem Provinziallandtage Gesetze für ihre
Provinzen zu begutachten hatten. Wer kein Grundeigentum besaß,
konnte nicht in den Provinziallandtag gewählt werden. Der Grund¬
gedanke der Verfassung Solons war hier aufgenommen. /
Das Wartburgfest am 18. Oktober 1817. Deutsche Studenten hatten
in den Befreiungskriegen Schulter an Schulter mit ergrauten Männern
um die Befreiung des Vaterlandes von der Fremdherrschaft gekämpft.
In Frankreich hatten sie Ideen von Volksfreiheit und Volksrechten auf¬
genommen; aber diese Ideen waren unklar; sie gaben sich in Schlagwörtern
*) Quellenbuch S. 369.