Full text: [Theil 3, [Schülerbd.]] (Theil 3)

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haben ist, das hat eine Würde. Fleiß und Geschicklichkeit, Witz und 
Einbildungskraft rc. haben einen Preis; die Sittlichkeit allein hat 
Würde. 
Grundgesetz. IV, 130. 
Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich 
als Princip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne. 
Achtung. IV, 189. 
Föntenelle sagt: <Vor einem Bornehmcn bücke ich mich, aber 
mein Geist bückt sich nicht.' Ich kann hinzusetzen: vor einem nie¬ 
drig gestellten, bürgerlich gemeinen Manne, an dem ich eine Recht¬ 
schaffenheit des Charakters in einem gewissen Maße, als ich mir von 
mir selbst nicht bewußt bin, wahrnehme, bückt sich mein Geist, ich mag 
wollen oder nicht und den Kops noch so hoch tragen, um ihn meinen 
Borrang nicht übersehen zu lassen. Warum das? Achtung ist ein 
Tribut, den wir dem Verdienste nicht verweigern können, wir 
mögen wollen oder nicht; wir mögen allenfalls' äußerlich damit 
zurückhalten, so können wir doch nicht verhüten, sie innerlich ru 
empfinden. 
Die Triebfeder. IV, 191 fg. 
Achtung vor dem moralischen Gesetze in seiner feierlichen Ma¬ 
jestät ist die einzige und zugleich unbezweifelte moralische Triebfeder. 
Es ist sehr schön, aus Liebe zu Menschen und theilnehmendem Wohl¬ 
wollen ihnen Gutes zu thun, oder aus Liebe zur Ordnung gerecht 
zu sein; aber das ist noch die rechte moralische Triebfeder unseres 
Verhaltens nicht. Wir stehen unter einer Disciplin der Vernunft, 
deren eherne Stimme selbst den kühnsten Frevler zittern macht, wenn 
sie, ohne auf sein Belieben auszuschauen, unbedingte Hochachtung 
fordert vor dem heiligen Gesetze; und sie allein beugt uns auch vor 
dem obersten Gebote: <Liebe Gott über alles und deinen Nächsten 
als dich selbst,' während z. B. das Princip der eigenen Glückselig¬ 
keit lautet: Mebe dich selbst über alles, Gott aber und deinen Nächsten 
um dein selbst willen.' 
Selbsterkenntnis. V, 275. 
^Erkenne dich selbst,' erforsche, ergründe dich selbst, prüfe 
km Herz, ob es gut oder böse sei, ob die Quelle deiner Hand¬ 
lungen lauter oder unlauter sei! — das ist das erste Gebot aller 
Pflichten gegen dich selbst. Diese Selbstprüfung, die in die schwer 
zu ergründenden Tiefen oder den Abgrund des Herzens zu dringen 
verlangt, und die dadurch zu erhaltende Selbsterkenntnis ist aller 
menschlichen Weisheit Ansang. Nur die Höllenfahrt der Selbster¬ 
kenntnis bahnt den Weg zur Vergötterung.
	        
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