Full text: [Teil 2 = 7. u. 8. Schulj, [Schülerbd.]] (Teil 2 = 7. u. 8. Schulj, [Schülerbd.])

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sich dabei ebenso geborgen fühlen wie der Polarmensch, der sich mit seinen 
Hunden eine Grube in den Schnee wühlt, wenn er gezwungen ist, unter 
freiem Himmel zu übernachten. 
Den Tieren freilich, welche die harte Zeit im Freien überleben 
müssen, bringt der Schnee nicht selten Ungelegenheiten, wenn er alle 
Halme, Körnchen und Insekten des Bodens mit dichter Decke verhüllt; sie 
müssen dann einzelne Blößen oder solche Stellen aufsuchen, wo auf 
Straßen und in Dörfern und Städten etwas Eßbares auf dem weißen 
Tischtuche ausgestreut liegt, welches an den meisten Orten die Nahrung 
unzugänglich machte. Es kann nun einmal nicht allen Wesen dasselbe 
zuträglich und angenehm sein. 
Weitaus den meisten Geschöpfen ist aber der Schnee eine liebe, vieles 
Unangenehme mildernde Zugabe des Winters. Zumal den Polarmenschen 
Herren er Baustoff zur Winterwohnung und eine bequeme, fast die Eisenbahn 
ersetzende Straße bietet. 
Den Bewohnern südlicher Länder Europas, deren Winter zwar kurz 
und mild ist, aber doch einige Tage bringt, an denen man der wärmenden 
Kohlenpfanne im Zimmer nicht entbehren kann, wird der Schnee selten 
beschert, aber auch von ihnen als eine freudige Erscheinung begrüßt. In 
Rom, wo es jährlich im Durchschnitt nur anderthalb Tage lang Schnee 
giebt, wird den Kindern am Tage dieses seltenen Ereignisses regelmäßig die 
Schule freigegeben, damit sie sich belustigen können; bei uns mögen wohl 
in Deutschland jährlich hundert Tage dem Schnee gehören, in Petersburg 
zählt man jahraus, jahrein 171 Schneetage, also fast die Hälfte des ganzen 
Jahres. In Mitteldeutschland, wo im März und April, zuweilen noch 
im Mai, Schneegrillen eintreten, sind schneefreie Monate bloß Juni bis 
September; indes soll selbst in dieser Zeit, wo ein Schneefall nicht vor¬ 
kommt, die Schneebildung nicht ganz aufhören, da nach der Annahme der 
Naturforscher die meisten Federwölkchen, welche in den Höhen des blauen 
Himmels schweben, aus Eisnadeln bestehen. B. Sigismund. 
148. Was ist die Wärme 1 
An die Wärme und das Licht knüpft der Mensch den Gedanken des 
Lebens. Der kalte Winter ist ihm ein Bild des Todes, sein erstarrender 
Atem wandelt die Schöpfung in ein schweigendes Grab. Bang drängt 
sich der Mensch dann um den häuslichen Herd, um an seinem Feuer den 
engen Kreis seines eigenen Lebens in der Familie wach zu erhalten. 
Schauerlich malt die Phantasie die eisigen Regionen der Pole als eine 
freudenlose, verkümmerte Welt. Mit Entzücken dagegen schwebt die Sehn¬ 
sucht der Tropenwelt zu, dem Paradiese der Erde, wo Palmen und Gräser 
sich zu Wäldern erheben, wo Hunderte von Pflanzen in einem einzigen 
Baume wurzeln, aus dessen dunklem Laube ihre Blüten und Früchte 
leuchten, wo das Leben in der Farbenpracht der Insekten und Vögel, in 
den Riesengestalten der Dickhäuter, in der elastischen Kraft der Raubtiere 
feine höchsten Triumphe feiert.
	        
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