Full text: [Teil 2 = 7. u. 8. Schulj, [Schülerbd.]] (Teil 2 = 7. u. 8. Schulj, [Schülerbd.])

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auch wieder ins Sachsenland vordrangen, war Heinrich in der Burg Werle, 
uicht weit von Goslar; einige aber meinen, daß Goslar selber damals Werte 
geheißen habe. Dort hielt'der König sich in der Burg; denn die Ungarn 
warerl zn sehr unvermutet gekommen, und sein Heer war zu klein und des 
Kampfes zu wenig erfahren, als daß er eine offene Feldschlacht gegen die 
Ungarn hätte wagen dürfen. Zufällig aber traf es sich, daß in einem 
Scharmützel ein Fürst der Ungarn gefangen und zu König Heinrich geführt 
lurde. Diesen Anführer hatten die Ungarn so lieb, daß sie als sein Löse¬ 
geld eine schwere Last Goldes und Silbers boten; aber nicht um Gold und 
Silber war es Heinrich zn thun, sondern um den Frieden, und nach langen 
Zwischenreden kamen sie überein, daß für die Herausgabe des Gefangenen 
auf neun Jahre Waffenstillstand sein sollte. 
Als nun also das Gemüt des Königs der nächsten Sorge entlastet war, 
sann er nach, wie er diese Muße recht anwendete und sowohl das Reich 
befestigte, als auch kriegerischen Mut und Zucht im Reichsheere wieder neu 
belebte. Zuerst baute er Städte. Zwar gab es Städte im deutschen Lande, 
den Rheinstrom entlang am linken Ufer, wo schon die Römer befestigte Lager 
gehabt hatten, auch in Sachsen waren schon einige Orte befestigt, wie die 
Eresbnrg, Paderborn, Soest, Bardewick, Magdeburg und einige andere, bei 
denen teils um ihrer angesehenen Kirchen willen, teils wegen der königlichen 
Pfalzen die Menschen zusammenkamen; aber ihrer waren nicht viele, und 
am wenigsten reichten sie gegen die Ungarn ans, die von Südosten wie ein 
Sturmwind kamen und gingen. Was nun bis dahin wie zufällig geschehen 
war, daß sich hier ein Ort und da ein Ort mehr erweiterte und dann be¬ 
ifügt wurde, das wollte Heinrich nach festen Grundsätzen ausführen. So 
erbaute er Merseburg und umgab es mit Mauern von Stein, ja er errichtete 
dort eine steinerne Domkirche, die alle Menschen anstaunten, weil man da- 
wals noch sehr wenig Mauern von Stein hatte. Dann gefiel dem König 
ein Berg an der Elbe, den ein Bach umschlängelte. Er ließ den Wald aus¬ 
joden, legte eine Burg auf der Krone des Hügels an und nannte sie nach 
dem vorüberfließenden Bache Meißen. Auch Ulm und Frankfurt gründete 
er uitb so noch viele andere Städte, oder vielmehr zuerst nur Burgen, die 
wit Wall und Graben umgeben waren. Die Bewohner einer solchen Burg 
und ihre Schutzbefohlenen' wurden nach und nach Bürger genannt. Daß 
über solche neue Städte nicht groß sein konnten und oft kaum etwas mehr 
waren als eine ummauerte Burg, sehen wir daraus, daß nicht lange nachher 
dem Bistum Merseburg elf Städte genommen und zu Magdeburg hinzu¬ 
gethan wurden. 
Aber die Deutschen ließen sich ungern in die Städte einschließen, denn 
fie kamen ihnen vor wie Gefängnisse, und lieber weilten sie draußen frei 
und ungehemmt im offenen Lande. 
Darum verordnete Heinrich, daß unter je neun freigeborenen und also 
lehrhaften Männern je einer in die Stadt ziehen sollte. Nur der frei" 
ß. J) Die Pfalz — Palast des deutschen Königs, später auch das dazu gehörige 
wiet; der Pfalzgraf war eigentlich nur der erste Beamte der Pfalz.
	        
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