Full text: [Teil 3, [Schülerbd.]] (Teil 3, [Schülerbd.])

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Mit meinem braven Vater kann ich nun freilich den Reichtum nicht teilen, 
wohl aber mit dir, du wackeres Mütterlein, das Gott erkoren hatte, so 
lange meinen Schatz zu hüten. Komm mit mir, du sollst bei Jürge 
Braun gute Tage haben." 
8. So geschah es auch. Mutter Else zog zu Jürge Braun, den 
man nun wie einstmals seinen Großvater nur den reichen Braun nannte, 
— und sie führte ihm die Wirthschaft. Jürge Braun hat aber auch 
sonst noch Wort gehalten, denn Else hatte bei ihm fürwahr gute Tage. 
Er sorgte für sie wie für seine Mutter und betrachtete sich stets als ihren 
größten Schuldner. Beide ruhen nun längst in Frieden. Jürge Braun 
aber hat all sein Hab und Gut, was er in dieser Welt zurücklassen 
mußte, dem Spital vermacht, in welchem einst sein Vater verstorben war. 
lOI. Die Wachtel und ihre Kinder. 
Äugult Langbein. 
Sämtliche Schriften. IV. Band. Stuttgart. 1835. S. 316. 
(Zuerst in: Taschenbuch für Damen auf das Jahr 1812. Tübingen. S. 15.] 
Hoch wallte das goldene Weizenfeld 
und baute der Wachtel ein Wohngezelt. 
Sie flog einst früh in Geschäften aus 
und kam erst am Abend wieder nach Haus. 
5. Da rief der Kindlein zitternde Schar: 
„Ach, Mutter, wir schweben in großer Gefahr! 
Der Herr dieses Feldes, der furchtbare Mann, 
ging heut mit dem Sohn hier vorbei und begann: 
Der Weizen ist reif, die Mahd muß geschehn, 
10. geh, bitte die Nachbarn, ihn morgen zu mähn!“ 
„0,“ sagte die Wachtel, „dann hat es noch Zeit; 
nicht flugs1) sind die Nachbarn zu Diensten bereit.“ 
Drauf flog sie des folgenden Tages aus 
und kam erst am Abend wieder nach Haus. \ 
15. Da rief der Kindlein zitternde Schar: 
„Ach, Mutter, wir schweben in neuer Gefahr! 
Der Herr dieses Feldes, der furchtbare Mann, 
ging heut mit dem Sohn hier vorbei und begann: 
Uns ließen die treulosen Nachbarn im Stich; 
20. geh rings nun zu unsern Verwandten, und sprich: 
Wollt ihr meinen Vater recht wohlgemut sehn, 
so helfet ihm morgen sein Weizenfeld mähn!“ 
„0,“ sagte die Wachtel, „dann hat es noch Zeit; 
nicht flugs ist die Sippschaft2) zur Hilfe bereit.“ 
25. Drauf flog sie des folgenden Tages aus 
und kam erst am Abend wieder nach Haus. 
Da rief der Kindlein zitternde Schar: 
„Ach, Mutter, wir schweben in höchster Gefahr! 
*) Flugs, schnell, eilig. — 2) Die Sippschaft, die Verwandt¬ 
schaft.
	        
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