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Solche Männer waren: der heilige Columban und Gallus, im sechsten
Jahrhundert in der jetzigen Schweiz, im siebenten und Anfange des achten
Jahrhunderts Kilian in Franken (Würzburg), Emmeran in Bayern
(Regensburg), Rupertus in Salzburg, sämtlich Iren, dann der Angel¬
sachse Willibrod bei den Friesen und Sachsen. Vor allen wichtig ist der
Engländer Winfried, welcher vom Papst Gregor II. den ehrenvollen
Namen Bonifacius (der Wohlthäter) erhalten hat. Er arbeitete vom
Jahre 718 bis 755 mit unerschütterlichem Mute für das Christentum; in
Franken, Thüringen, Hessen, am Rhein, bei Sachsen und Friesen pflanzte
oder verbreitete und befestigte sein Eifer die göttliche Lehre. Zur Be¬
festigung des neuen Glaubens legte er hin und wieder Bistümer an oder
ordnete die schon vorhandenen, wie zu Salzburg, Passau, Freisingen,
Regensburg, Würzburg, Eichstädt und Erfurt; die berühmte Abtei Fulda
ist von seinem Schüler Sturm gestiftet, und zu Ohrdruf in Thüringen
gründete er eine Pflanzschule künftiger Lehrer, die, ihrer Ordensregel
gemäß, nicht allein das Christentum, sondern auch die Kunst des Acker-
und Gartenbaues eifrig verbreiteten.
Dabei scheute er sich nicht, mit eigener Lebensgefahr den rohen Sinn
der Völker durch seines Glaubens Kraft zu bekämpfen. Er stürzte ihnen
ihre Altäre und die heiligen Bäume um, unter denen sie ihren Göttern
opferten. Einer darunter, die uralte Donnereiche zu Geismar in Hessen,
war besonders berühmt; Bonifacius aber ergriff selbst die Axt und half
sie abhauen. Die umherstehenden Heiden glaubten sicherlich, der Gott, der
in dem Baume sei, werde alsbald mit Feuer herausfahren und den Frevler
mit allen seinen Gefährten verzehren; aber der Baum siel, ohne daß das
Feuer erschien, und mit ihm fiel ihre alte Zuversicht zu ihrem Gotte.
Noch mehr als über die Roheit der Heiden klagt aber Bonifacius
über die schlechten christlichen Priester, die er bei den Franken fand. Sie
lebten in allen Lastern und machten sich kein Gewissen daraus, zugleich
den Götzen zu opfern und auch zu taufen, wie es jemand für Geld von
ihnen verlangte. Und selbst die Bessern unter ihnen hatten ebensoviel
Lust an den Waffen und an der Jagd als an der Sorge für ihr geist¬
liches Amt. „Die Religion liegt seit sechzig bis siebzig Jahren ganz zu
Boden," sagt er in einem Schreiben an den Papst Zacharias. „Die
Franken haben mehr als achtzig Jahre lang weder eine Kirchenversamm-
lung gehalten, noch einen Erzbischof gehabt; die Bistümer sind meistens
in den Händen geldbegieriger Laien oder verbrecherischer Geistlichen, tue
auf nichts als den zeitlichen Gewinn sehen." — Daher war eine seiner
Hauptsorgen, daß von neuem Kirchenversammlungen der fränkischen Geist¬
lichkeit gehalten wurden, um gute Sitten und die alte Kirchenzucht her-
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