301
Als zum Beispiel der Mönch bemerkte, daß das Töchterlein seines
Hauswirts für die Nudeln dankte, die es aus der Hand der Mutter
empfing, sagte er: „Das ist fein, mein Kind. Auch in Klöstern gewöhnt
jungen Mönche, wer ihnen nur eine geschnittene Feder schenkt,
daß sie sich bücken und sagen müssen: Gott sei gelobt um alles, das er uns
schenket! Und solches ist nicht eine böse Weise, denn es geschieht darum,
daß das junge Volk sich gewöhnen soll, alles mit Danksagung gegen
Gott und Menschen anzunehmen. Auch ist es recht und wohlgesagt von
alten, weisen Leuten: Gott, den Eltern und Schulmeistern kann man
nimmer genugsam danken noch vergelten.“
Die Bäuerin schnitt einen großen Schinken an, den ihr Mann von
der Rauchkammer herabgeholt und auf den Tisch gelegt hatte. Dabei
bemerkte sie, daß ihr Messer einige Scharten bekommen hatte und über—
haupt arg mitgenommen war. Sie fragte ihre Kinder, welches von ihnen
das Messer so zugerichtet hätte. Hans rief: „Ich nicht!“ und Michel:
„Ich auch nicht!“ Lene aber antwortete gar nicht, sondern wurde blut—
rot im Gesicht, rutschte über die Bank herab und lief weinend zur Tür
hinaus. Dabei bemerkte der Mönch, daß es ein zart, schwach Ding wäre
um ein böses Gewissen; denn es könne sich nicht bergen, wie auch die
Heiden davon gesagt haben: Ein böses Gewissen ziehet alles, was geredet
wird, immer auf sich. Und er erzählte darauf diese Geschichte. Es wäre
ein Prediger gewesen, der hätte einmal die Gartendiebe auf der Kanzel
übel gescholten und gesagt: „Ich hatte in meinem Wurzgarten zwei
Beetlein mit Gurken von der Bamberger Art, immer eine größer und
schöner denn die andere. Da sind in der vergangenen Nacht die Diebe
eingestiegen und haben nicht den Zehnten, nicht den Fünften genommen,
sondern alle bis auf diese in meiner Hand. Ich habe nun lange die
Sünder wider das siebente Gebot mit Worten gestrafet, jetzt will ich sie
auch mit der Tat strafen. Denn ich weiß einen Dieb unter diesem Haufen
meiner Zuhörer, und ich sehe ihn vor meinen Augen, und ich kenne ihn so
gut, daß ich ihn auch mit dieser Gurke treffen will.“ Und hob seine
Hand auf und stellte sich ernstlich, als wollte er einen großen Wurf tun.
Da standen etliche junge Burschen unter der Kanzel, die duckten sich alle,
und fürchtete ein jeder, er wollte auf ihn werfen. Da sagte der Pfarr—
herr: „Ei, ich meinte, es wäre nur einer der Gurkendieb Nun sind es
mehr. Sehet, der Magen verdauet die gestohlenen Früchte, aber nicht
das Gewissen, darinnen sie liegen bleiben wie Kieselsteine.“
Item, sagte der Mönch, als sich einmal der Tag geneiget hätte, wäre
einer in der Herberge eingekehret, daß er darinnen übernachte. „Der