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Etwa acht Schritte von mir entfernt stand ein Haselnußstrauch, und
auf den ringelte die Schlange zu, leise, ganz leise durch das hohe, dünne
Gras, so daß sich kaum die Halme bewegten. „Die hat etwas im Schilde!"
dachte ich; denn ich sah's ihr an, wie vorsichtig sie jedes trockene Blatt
vermied, das etwa rascheln könne, und wie ihre Augen funkelten und
unverwandt nach dem Nußstrauche gerichtet waren. Jetzt sah ich's. Auf
einem trockenen Zweige des Strauchs, etwa einen halben Meter von der
Erde entfernt, saß nämlich ein Vvglein, ein buntes, niedliches Finken¬
hähnchen, den Rücken der unbemerkt nahenden Schlange zugekehrt und
schlug sorglos seine muntern Triller. Im ersten Augenblicke wollte ich
aufspringen, den Böget retten und die Schlange vernichten — und ich
verzeihe mir heute noch nicht, daß ich's nicht gethan; aber die Wißbegierde
des Naturforschers ließ mich das Mitleid unterdrücken.
Indem schlug der Nogel noch einmal sein munteres Lied sorglos
und fröhlich in den Wald hinein. Da fuhr die Schlange, schnell, wie
ein Blitz, empor, daß ich selbst erschrak, und richtig, sie hatte das Böglein
erwischt, aber nur bei einem Fuße. Denkt euch die Angst des armen
Tieres, wie es — vielleicht war dicht daneben das Nestlein seiner Lieben
— flatterte und schrie, gefangen am Maule des Ungetüms!
Die Schlange zog den Finken nieder, und ich war sehr begierig, zu
erfahren, was sie nun wohl mit ihm thun würde. Das sollte ich bald
sehen. Die Schlange warf sich an die Erde, rollte sich in einen Knäuel
zusammen itub versuchte, den Vogel mit ihrem Leibe zu umschlingen. Das
gelang ihr aber nicht, denn der Vogel flatterte so heftig, so gewaltig um¬
her, daß er immer wieder den glatten Ringen ihres Leibes entschlüpfte.
Die Versuche dauerteil eine geraume Zeit. Endlich mochte sie einsehen,
daß sie ihn so nicht überwältigen könne; sie versuchte etwas Besseres.
Sie schleppte ihre Beute, die gar kläglich schrie, nach einem Stamme des
Strauches. Dicht an diesen legte sie ihren Kopf mit dem Vogel und
wickelte nun ihren Leib um den Stamm uub um den Finken zugleich
und zerdrückte ihn, htbem sie sich zusammenschnürte. Noch einige Male
zappelte und pipte der Vogel so kläglich, daß mir das Herz im Leibe
weh that, dann — war er tot. Nun legte die Räuberin die sichere Beute
auf den Boden und fuhr öfters mit dem Kopfe auf derselben umher,
gerade wie es eine Spinne mit der gefangenen Fliege macht, wenn sie
dieselbe mit ihren Fäden umschlingt. Sie bedeckte den Vogel mit einem
weißlichen Schleime, wie dies alle Schlangen thun, damit erstens die
Beute, die sie nicht zerreißen können, leichter in ihren Schlund hinab-